Ervin Nagy, einer der prominentesten Schauspieler Ungarns, brachte das Phänomen des Polit-Shootingstars Péter Magyar jüngst auf den Punkt. In einem Interview mit dem TV-Sender „atv“, erklärte Nagy pathetisch, dass Ungarn gerade einen „historischen Moment“ erlebe. Nicht nur er sei dieser Tage in einer „revolutionären Aufbruchsstimmung“, sondern auch Heerscharen anderer Menschen im Land. Zum ersten Mal seit langer Zeit nämlich witterten die Magyaren die Möglichkeit, „ein neues Land zu errichten“, in dem „der Ungar nicht des Ungarn Wolf ist“. Damit spielte er auf die tiefe politische Spaltung der Gesellschaft an, die nicht zuletzt der nationalpopulistischen Regierung von Premier Viktor Orbán geschuldet sei. Nagy stand bei den zwei bisherigen Massenkundgebungen, die von Magyar initiiert wurden, jedes Mal als Mitstreiter an der Seite des Neo-Politikers auf der Bühne.

Magyar hat in den vergangenen eineinhalb Monaten einen kometenhaften Aufstieg erlebt. Nachdem er als ehemaliger hoher Funktionär und „Insider“ des Systems Orbán korrupte Machenschaften der Regierungs-Clique offengelegt hatte, wurde der Ex-Ehemann der früheren ungarischen Justizministerin Judit Varga schlagartig zum Hoffnungsträger für all jene Wähler, die nicht nur der Willkürherrschaft und hanebüchenen Vetternwirtschaft, sondern auch der Impotenz der linksliberalen Opposition überdrüssig sind.

Diesen politikverdrossenen Menschen will Magyar mit einer neuen Zentrumspartei nach dem Vorbild der Bewegung En Marche! des französischen Präsidenten Emmanuel Macron eine politische Heimat bieten. Für den anstehenden Samstag hat der Polit-Aufsteiger schon die nächste Demonstration in Budapest angekündigt.

Und diese soll mit Blick auf die Teilnehmerzahl alle bisherigen Kundgebungen überflügeln. Magyar sprach vollmundig davon, dass er Hunderttausende Menschen auf dem Kossuth Platz vor dem ungarischen Parlament erwarte, um Orbáns „Mafiaregierung“ eindringlich zu signalisieren: „Bis hierher und nicht weiter!“.

Neue Partei schon bei mehr als 20 Prozent

Bei der Wahl zum Europaparlament am 9. Juni will Magyar mit seiner neuen Partei dann zum ersten Mal „abräumen“. Er will das mit Kandidaten tun, die auf eine in Ungarn bisher beispiellose Weise ermittelt werden sollen. Gegenüber dem konservativen Nachrichtenportal „Valaszonline“, sagte Magyar, dass sich für eine Kandidatur bei der Europawahl jede „unbestechliche und integre“ Person „mit Lebenslauf und Visionen für Europa und Ungarn“ bewerben könne.

Die Umfragen sind jedenfalls jetzt schon vielversprechend. Obwohl Magyars künftige Partei noch nicht einmal registriert ist, liegt sie bereits bei über 20 Prozent. Bei der Demonstration am Samstag dürften sich laut Beobachtern vor allem Oppositionswähler versammeln. Magyar könne aber auch auf viele wechselwillige Wähler der Regierungspartei Fidesz zählen, die mangels Alternative bisher wohl oder übel Orbán ihre Stimme gegeben haben.

Unterdessen läuft die von den regierungsnahen Medien gerittene Schmutzkampagne gegen Magyar auf Hochtouren. Offenbar konnte dabei sogar Magyars Ex-Frau eingespannt werden. In einem boulevardesken Interview umschrieb Varga ihren ehemaligen Mann kürzlich als einen Psychopathen, der einst bedrohlich mit dem Küchenmesser durch die Wohnung gegeistert sei und sie unentwegt verbal gedemütigt habe. In der ungarischen Gesellschaft scheinen diese Vorwürfe nur mäßig zu verfangen. Einer Umfrage zufolge betrachtet die Mehrheit der Befragten die Enthüllungen aus Magyars Privatleben als nicht authentisch.