Saudi-Arabien ist von einer patriarchalischen Struktur geprägt. Die Frau hat dem Mann zu gehorchen, so schreibt es das Gesetz im Königreich vor. Umso – gelinde gesagt – überraschender ist es, dass Saudi-Arabien nun den Vorsitz der UN-Frauenrechtskommission (CSW) übernimmt.

Scharfe Kritik von Amnesty

Viele Menschenrechtsorganisationen sehen diesen Schritt äußerst kritisch. „Die Kommission hat ein klares Mandat, Frauenrechte und Geschlechtergerechtigkeit voranzubringen, und es ist entscheidend, dass dies auch durch den Vorsitz verkörpert wird. Saudi-Arabien hat eine unterirdische Bilanz, wenn es um den Schutz und die Förderung von Frauenrechten geht“, schrieb Sherine Tadros von Amnesty International. Louis Charbonneau von Human Rights Watch meinte, ein Land, das Frauen ins Gefängnis stecke, weil sie für Frauenrechte kämpften, dürfe keinen Anspruch auf den Posten haben.

Vorsitzender der Kommission wird nun Abdulaziz Alwasil – der saudische UN-Gesandte. Er sieht jedenfalls keinen Grund, warum er sein Amt nicht antreten sollte. Bei der Jahrestagung der CSW hatte keiner der 45 Delegierten aus anderen Ländern Einspruch oder Beschwerde gegen die Normierung eingelegt. Es gab keine Gegenkandidaten.

Doch wie konnte sich Saudi-Arabien diesen Posten sichern? Ganz einfach: durch Lobbyarbeit. Wie der Spiegel berichtet, hätten eigentlich die Philippinen den Vorsitz für zwei Jahre übernehmen sollen. Doch andere asiatische Staaten drängten das Land, den Vorsitz nach einem Jahr wieder abzugeben. Der eigentlich vorgesehene Nachfolger Bangladesch wurde einfach übergangen und Saudi-Arabien sicherte sich den Posten.

Auch Charbonnaeu von Human Rights Watch kritisiert die anderen Länder in der Kommission scharf. „Hätten sich alle anständig verhalten, wäre das nicht passiert. Aber alle haben geschwiegen.“ Auch wenn Saudi-Arabien in den letzten Jahren versucht hat, sein Image aufzupolieren und Reformen umzusetzen, ist es immer noch ein zutiefst patriarchalisches und konservatives Land. Das Gesetz schreibt beispielsweise vor, dass eine Frau die Erlaubnis eines männlichen Vormunds benötigt, um zu heiraten. In der Ehe gilt dann strikter Gehorsam. Der Reformwille, den Saudi-Arabien nach außen demonstriert, ist daher nach Ansicht von Expertinnen und Experten nur ein Schein.