Zwei Jahre nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine würdigt der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, die deutsche Militärhilfe, fordert jedoch gleichzeitig weitere Waffensysteme. Eine der zentralen Fragen für sein Land sei, ob Deutschland die erbetenen Marschflugkörper des Typs Taurus liefern werde. Klitschko betont: „Wir verteidigen unser Land, daher benötigen wir Taurus. Damit können wir die militärische Logistik der Russen zerstören.“ Er erwartet eine positive Entscheidung von der Bundesregierung.

500 Kilometer Reichweite

Bereits im Mai des vergangenen Jahres hatte die Ukraine die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern mit hoher Treffsicherheit und einer Reichweite von 500 Kilometern bei der Bundesregierung beantragt. Ziel ist es, russische Stellungen und Materiallager weit hinter der Frontlinie zu treffen. Im Oktober lehnte Bundeskanzler Scholz vorläufig eine Lieferung ab. Die Befürchtung dahinter ist, dass die Raketen russisches Territorium treffen könnten und Deutschland dadurch in den Konflikt hineingezogen werden könnte.

Der Bürgermeister von Kiew äußert Anerkennung dafür, dass Deutschland der Ukraine in militärischer Hinsicht bereits viel geholfen hat. „Endlich ist Deutschland aufgewacht und unterstützt uns stark“, sagt er. Dennoch sei mehr Unterstützung erforderlich. „Wir kämpfen für euch, wir verteidigen euch, und das muss jeder begreifen. Es wäre ein großer Fehler zu denken, der Krieg sei weit weg und berühre mich nicht.“ Der ehemalige Boxweltmeister appelliert an alle anderen Verbündeten, an der Seite der Ukraine zu stehen. „Jeder einzelne Finger ist stark, aber wenn alle Finger zusammenkommen, sind wir um ein Vielfaches stärker.“

Scholz lehnt weiter ab

Am Donnerstag wird sich der Bundestag erneut mit der Lieferungen von weitreichenden Waffensystemen befassen. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine trotz des wachsenden Drucks in der Ampel-Koalition weiter ab. Zugleich unterstütze er den Bundestagsantrag der Koalitionsfraktionen zum Krieg in der Ukraine „aus vollem Herzen“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in der Bundespressekonferenz in Berlin.

Selenskyj trifft Scholz am Freitag in Berlin | Wolodymyr Selenskyj (l.) und Olaf Scholz
Selenskyj trifft Scholz am Freitag in Berlin
| Wolodymyr Selenskyj (l.) und Olaf Scholz © APA/dpa

In dem Antrag, den der Bundestag an diesem Donnerstag beraten will, wird unter anderem die „Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen“ verlangt. Damit solle die Ukraine in die Lage versetzt werden, „gezielte Angriffe auf strategisch relevante Ziele weit im rückwärtigen Bereich des russischen Aggressors zu ermöglichen“, heißt es in dem Antrag weiter. Taurus-Marschflugkörper erfüllen diese Anforderung, werden aber nicht ausdrücklich genannt. Hebestreit nahm das Wort „Taurus“ nicht einmal in den Mund. Er sagte zur Haltung von Scholz: „Was die Lieferung eines besonderen Waffensystems angeht, bleibt er bei seiner Position.“

Anders als SPD, Grüne und FDP in ihrem Papier verlangen CDU und CSU in einem eigenen Antrag explizit auch die Lieferung von Taurus-Systemen. Sie fordern die deutsche Bundesregierung auf, „die Ukraine durch unverzügliche Lieferung von erbetenen und in Deutschland verfügbaren Waffensystemen (u. a. TAURUS) sowie Munitionssorten im Kampf gegen Russland zu unterstützen und dabei europäische Führung und Koordinierung zu übernehmen“.