Julia Nawalnaja ringt sichtlich um Fassung, als sie die Bühne der Münchner Sicherheitskonferenz betritt. Sicherlich hätten alle schon die schrecklichen Neuigkeiten über ihren Mann, den inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny, gehört, sagt sie. Zu diesem Zeitpunkt am Freitagnachmittag hat Nawalnaja noch keine endgültige Gewissheit, dass Alexej wirklich tot ist. Nur wenige Stunden später herrscht traurige Klarheit.

In einer TV-Dokumentation von ARTE erzählte der Oppositionelle einst, er habe Nawalnaja 1998 im Urlaub kennengelernt und gleich gewusst, dass er sie heiraten wird. Zwei Jahre später gaben sie sich das „Ja“-Wort. Von dort an war die heute 47-Jährige immer an der Seite ihres Mannes, auch als sich der entschied, sich gegen das verbrecherische Regime Wladimir Putins zu stellen. Sie ging mit ihm auf die Straße und wachte neben dessen Krankenbett in der Charité, als ihr Mann einen Giftanschlag des Regimes nur knapp überlebte. Als sie im Jänner 2021 gemeinsam zurück in ihre Geburtsstadt Moskau reisten, gab Nawalny ihr einen Abschiedskuss, ehe er verhaftet wurde. Er sollte nie wieder in Freiheit sein.

Die studierte Ökonomin bekam während der politischen Aktivitäten ihres Mannes auch immer wieder Repressionen zu spüren. Ihre Konten wurden mehrmals gesperrt, ebenso jene ihrer mittlerweile in den USA studierenden Tochter und ihres heute 15-jährigen Sohnes. Hausdurchsuchungen gab es mehrere, Einschüchterungsversuche zuhauf. Distanziert hat sie sich nie - auch nicht als Tausende Kilometer sie von ihrem Mann trennten.

Julia bezeichnete Alexej mehrmals als „besten Freund und große Liebe“. Wenige Tage vor seinem Tod ließ er am Valentinstag über sein Team auf Instagram ein gemeinsames Foto veröffentlichen. Manche hoffen nun, dass Nawalnaja das Vermächtnis ihres Mannes weiterträgt, ob sie das tun wird, ist offen. Vorerst ist sie Witwe, die die Liebe ihres Lebens verloren hat.