Österreich stimmt ein in die internationale Kritik an den israelischen Angriffen auf die Grenzstadt Rafah im Gazastreifen. Man sei "sehr beunruhigt über eine mögliche Militäroperation in Rafah ohne einen Ausweg für Zivilisten", schrieb das Außenministerium am späten Samstagabend auf X. "Zivilisten müssen jederzeit geschützt werden", hieß es in dem Post.
Es brauche "humanitäre Pausen", damit die Geiseln aus dem Gazastreifen heraus kommen und humanitäre Hilfe hinein gelangen könne, forderte das Außenministerium. Die Mitteilung enthielt zugleich ein Bekenntnis zum Selbstverteidigungsrecht Israel gegen den Hamas-Terror.
Rafah gilt als letzter Zufluchtsort für palästinensische Zivilisten angesichts der israelischen Militäroperation gegen die Terrororganisation Hamas. In dem Ort, der vor dem Krieg rund 300.000 Einwohnerinnen und Einwohner hatte, sollen sich inzwischen weit mehr als eine Million Palästinenserinnen und Palästinenser aufhalten. Kritiker werfen Israel vor, eine ethnische Säuberung des Gazastreifens im Sinn zu haben. Namhafte Regierungspolitiker haben sich für eine dauerhafte Besetzung des Palästinensergebiets ausgesprochen. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat dies dementiert, zugleich aber einem unabhängigen Palästinenserstaat eine klare Absage erteilt und dafür auch Widerspruch von engen politischen Verbündeten wie Österreich geerntet.
Josep Borell spricht von „humanitärer Krise“
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte vor einer "humanitären Krise". Borrell erklärte laut der Nachrichtenagentur AFP auf X: "Ich schließe mich den von mehreren EU-Mitgliedsstaaten geäußerten Warnungen an. Eine israelische Offensive auf Rafah würde eine unbeschreibliche humanitäre Katastrophe bedeuten." Außerdem würde es "zu starken Spannungen mit Ägypten kommen", das an Rafah grenzt, warnte Borrell.
"Die Wiederaufnahme der Verhandlungen über die Freilassung der Geiseln und eine Einstellung der Feindseligkeiten sind das einzige Mittel, um ein Massaker zu verhindern."
Baerbock: Not in Rafah sei „schon jetzt unfassbar“
Unter anderem hatte auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock mit Blick auf Netanyahus Vorgehen vor einer "humanitären Katastrophe mit Ansage" gewarnt. Die Not in Rafah sei "schon jetzt unfassbar", erklärte sie. 1,3 Millionen Menschen hätten dort auf engstem Raum Schutz vor den Kämpfen gesucht und könnten sich "nicht in Luft auflösen".
Die den Gazastreifen beherrschende radikalislamische Hamas hatte am 7. Oktober einen beispiellosen, brutalen Überfall auf Israel gestartet. Dabei wurden israelischen Angaben zufolge rund 1.160 Menschen getötet und 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel kündigte daraufhin die Vernichtung der Hamas an und startete einen massiven Militäreinsatz im Gazastreifen. Nach jüngsten Angaben der Hamas, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dort seitdem mehr als 28.000 Menschen getötet.