Das Repräsentantenhaus in Washington, DC, hat einen neuen Sprecher: Die Abgeordneten wählten am Mittwoch den Republikaner Mike Johnson aus dem US-Bundesstaat Louisiana, diesmal gleich im ersten Wahlgang. Die Wahl beendete mehrere Wochen politisches Chaos. Nachdem der vorherige Sprecher Kevin McCarthy nach nur neun Monaten von seiner eigenen Partei abgewählt worden war, traten drei weitere Republikaner nacheinander an, die alle keine Mehrheit fanden. Darunter war der Rechtsaußen Jim Jordan, der dem mächtigen Freedom Caucus vorsteht, der mit der Tea Party-Bewegung hochgekommen ist. Johnson allerdings gilt selbst als Jordan-Zögling, allerdings ohne dessen streitsüchtige Natur.

Johnson, wer? Das fragten sich Millionen von Amerikanern, zumal der Mehrheitsführer des Repräsentantenhauses Dritter in der Rangfolge ist, Präsident zu werden. Klar ist nur: Der Jurist aus dem korruptesten Bundesland der USA steht Trump nahe. Er hatte dem Ex-Präsidenten nach der Wahl von 2020 brieflich erläutert, wie es rechtlich möglich sein könnte, das Ergebnis umzudrehen. Er weigerte sich generell, das Wahlergebnis anzuerkennen, hat Trump in Sachen Wahlhilfe rechtlich beraten und ihn zuvor gegen das von den Demokraten angestrengte Impeachment verteidigt. Trump nannte ihn noch gestern einen „fantastischen Gentleman“.

Hart-rechte Positionen

Johnson vertritt hart-rechte Positionen, was Schwulenehe und Abtreibung angeht. Homosexualität hält er für unnatürlich und gefährlich; sie bringe Chaos und sexuelle Anarchie. Der Abgeordnete, der zuvor Anwalt für die Alliance Defending Freedom war, die sich gegen Abtreibung und Schwulenrechte engagiert, will es bundesweit verbieten, dass in Schulen über diese Themen geredet wird. Der Evangelikale, der im Kongress auch schon mal die Bibel zitiert glaubt, dass alle Autorität von Gott kommt.

Mike Johnson setzte sich in einem internen Machtkampf der Republikaner durch
Mike Johnson setzte sich in einem internen Machtkampf der Republikaner durch © AFP / Tom Brenner

Die New York Times hält Johnsons Wahlsieg für ein Zeichen der Dominanz der Erzkonservativen über das republikanische Establishment. Während Johnsons Vorgänger McCarthy es immerhin ab und zu versucht hat, mit den Demokraten zusammenzuarbeiten — was letztlich zu seinem Sturz führte —ist Johnson in dieser Beziehung noch ein unbeschriebenes Blatt. Er gilt zwar als persönlich konziliant, aber ideologisch gefestigt und in der Sache hart.

Wichtig ist es allerdings durchaus, wie sich die weitere Zusammenarbeit zwischen Republikanern und Demokraten gestaltet. McCarthy hatte einen Kompromiss ausgehandelt, den Bundeshaushalt am Laufen zu halten, der aber Mitte November ausläuft. Nun, mit der Krise im Mittleren Osten sehen auch Republikaner ein, dass sie handlungsfähig sein müssen. Johnson hat bereits angekündigt, dass er Finanzhilfe nach Israel senden will und dafür sorgen werde, dass die Grenze dichtgemacht werde.

Gegen weitere Ukraine-Hilfe

Allerdings ist er gegen weitere Hilfen für die Ukraine, was auch die Linie der Parteirechten ist. Im Mai stimmte er gegen das letztlich vom Kongress beschlossene Hilfspaket von 39,8 Milliarden Dollar für die Ukraine. Wichtiger sei, sagte er, das Geld für die Grenzsicherung und für amerikanische Familien auszugeben.

Der eigentlichen Wahl war eine interne Abstimmung unter Republikanern vorausgegangen, damit der Kandidat sicher sein konnte, nicht öffentlich durchzufallen. Nachdem mehrere Kandidaten bei diesem Verfahren keine Mehrheit sichern konnten, hatte Johnson es, eher überraschend, geschafft.

Ob die Wahl eines Trump-Unterstützers zu einem Comeback für den früheren Präsidenten beiträgt, wird man sehen. Derzeit ist Trump neben seinem Vorwahlkampf in mehrere Ermittlungsverfahren verwickelt. Der Staatsanwaltschaft ist es vor kurzem gelungen, Zeugenvereinbarungen mit mehreren seiner Anwälte abzuschließen. Der eigentliche Prozess wegen versuchten Wahlbetrugs soll im März 2024 beginnen und wird sich wohl lange hinziehen. Die Meinung seiner Anhänger wird sich dadurch aber wohl kaum ändern. Trump selber verglich sich kürzlich mit Nelson Mandela; er werde genauso verfolgt wie der frühere Oppositionsführer in Südafrika.