Am 11. März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO den Covid-19-Ausbruch zur Pandemie. Am 16. März ging es in den ersten Lockdown. 29 Tage lang blieb der Alltag stark eingeschränkt, bevor es zu ersten Lockerungsschritten kam. 

Die Denkwerkstatt "Agenda Austria" tat am Jahrestag einen Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen. Die Wirtschaft konnte in den Sommermonaten aufatmen, doch wie sich herausstellen solle, war das Schlimmste nicht vorbei.

Das ist die wirtschaftliche Zwischenbilanz der "Agenda Austria" in Zahlen (Autor Hanno Lorenz):

So lange dauern die Lockdowns

Im Rückblick zeigt sich, dass der erste Lockdown zwar gefühlt der längste war, tatsächlich aber waren die Einschränkungen im vierten Quartal 2020 und in den ersten Monaten des laufenden Jahres wesentlich länger.

Chronologisch betrachtet, hat die Dauer der Lockdowns also mit Fortdauer der Pandemie zugenommen.

© Agenda Austria

Was die Schließungen kosten

Ein ganz anderes Bild zeigt sich, wenn man die Kosten analysiert. Am stärksten litt Österreich im ersten Lockdown, auch weil dieser die Wirtschaft völlig unvorbereitet getroffen hat. In der Woche vom 30. März bis zum 5. April 2020 wurde mit einem Minus von rund zwei Milliarden Euro der größte Einbruch seit Pande­miebeginn gemessen, so die Agenda Austria.

In Summe verursachte der erste Lockdown 12 Milliarden Euro an Wertschöpfungsverlust, wenn man die Phase mit dem leichten Lockdown dazunimmt. Aufgrund der Schließungen entfallen 5,1 Milliarden Euro auf den privaten Konsum. Auch der internationale Handel kam im ersten Lockdown zum Erliegen. Der fehlende Export (ohne Tourismus) verursachte einen Rückgang von 3,6 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Tourismus erlitt Einbußen von rund 1,9 Milliarden Euro.

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Im zweiten Lockdown entfalten dann die Hilfsprogramme langsam ihre Wirkung. Denn dieser (inklusive Lockdown light ab 2. November 2020) wirkte sich aufgrund der angepassten Wirtschaft und Mühen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer, mit der Pandemie zu leben – von Homeoffice bis hin zu neuen Lieferketten–, sowie der Hilfsprogramme weniger intensiv aus. Dafür zog er sich über einen deutlich längeren Zeitraum hin. Der verursachte Wirtschaftseinbruch liegt laut Berechnungen der Agenda Austria bei rund 3,6 Milliarden Euro. Davon entfallen 2,4 Milliarden Euro auf den privaten Konsum und rund 1,3 Milliarden Euro auf den Tourismus.

Baustelle Tourismus

Vor den Weihnachtsferien durfte der Handel für zwei Wochen öffnen, danach folgte der dritte Lockdown. Aufgrund der Bedeutung des Tourismus und der Dauer der Tage im Lockdown fiel dieser schwerer aus als der vorangegangene. Bis zum 28. Februar 2021 kostete der Lockdown die Wirtschaft rund 6,3 Milliarden Euro. Besonders der viel diskutierte Tourismus war und ist hart von den Einschränkungen betroffen. Hier beträgt der Wirtschaftsverlust 2,7 Milliarden Euro.

Die großzügigen Hilfen verführten auch dazu, mit dem Aufsperren abzuwarten, analysiert die Agenda Austria. Etwa um zu verhindern, dass die Umsätze über ein gewisses Niveau steigen, womit Hilfsgelder verloren gehen würden. Auch die Kurzarbeit verleite in der derzeitigen Ausgestaltung dazu, eher so wenig wie möglich und nicht so viel wie möglich tatsächlich zu arbeiten.

Die Auswirkungen am Arbeitsmarkt

Der Arbeitsmarkt wurde im ersten Lockdown besonders hart getroffen. Vor allem wegen der Geschwindigkeit, in der die Wirtschaft heruntergefahren wurde. Waren im Februar 2020 rund 400.000 Menschen arbeitslos gemeldet oder in Schulung, kamen bis April rund 170.000 Menschen hinzu. Am schlimmsten war die Lage im April, in dieser Zeit waren über eine Million Beschäftigte zusätzlich in Kurzarbeit nur eingeschränkt erwerbstätig. Das ist mehr als ein Drittel der aktiven Erwerbsbevölkerung. Nach dem Ende des ersten Lockdowns hat sich die Lage zwar etwas entspannt, aber die Arbeitslosigkeit ist noch immer auf einem sehr hohen Niveau und wird auch in den kommenden Jahren hoch bleiben. Vor allem die steigende Zahl an Langzeitarbeitslosen ist besorgniserregend.

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Mit seiner Teststrategie und den ersten regionalen Öffnungsschritten ab Mitte März habe sich Österreich wieder einen kleinen „Vorsprung“ gegenüber den europäischen Nachbarn erarbeitet. Nach Zypern weist man mittlerweile die meisten Tests pro Kopf in der EU auf. Besonders die Kombination aus Tests und regionaler Differenzierung könnte sich als vielversprechend erweisen, so die Agenda Austria.

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Durch die Rettungsprogramme sei es gelungen, die Wirtschaftsstruktur weitgehend zu erhalten. Die Unternehmen und Arbeitsplätze stellten die Basis für den Aufschwung. Besonders die Kurzarbeit habe im Krisenjahr dafür gesorgt, dass trotz eines Rückgangs der Arbeitsstunden über das gesamte Jahr 2020 um knapp neun Prozent nur knapp zwei Prozent der Arbeitsplätze verloren gingen. So konnte auch die Kaufkraft der privaten Haushalte weitgehend erhalten werden. Bei einem Wirtschaftseinbruch von sechs bis sieben Prozent sanken die verfügbaren Einkommen der Haushalte um lediglich ein bis zwei Prozent.

Trotz mangelnder Erfahrung und rechtlicher Grundlage sei das Homeoffice im Zuge der Pandemie stark genutzt worden, konstatiert die Agenda Austria. Sein Erfolg werde zu einer langfristigen Veränderung der Arbeitswelt führen.

Handlungsempfehlungen

Der Corona-Bericht der Agenda Austria mündet in konkrete "Handlungsempfehlungen":

  • Die "Bildungsverluste" müssten ausgeglichen werden, vor allem Schüleraus bildungsfernen Schichten müssten unterstützt werden, um sich nicht jede Aufstiegschance zu verbauen.
  • Impfen, impfen, impfen: Hier sei schon wertvolle Zeit verspielt worden.
  • Bildung digitalisieren: Die Lehrer müssten noch besser geschult und mit Endgeräten ausgestattet werden.
  • Verwaltung digitalisieren: Homeoffice ohne Zugang zu den Servern der Dienststellen und die "Zettelwirtschaft" für für Registrierungen sollten der Vergangenheit angehören.
  • Keine neuen Steuern, trotz der Belastung des Budgets.
  • Die Ausgaben bremsen, um in wirtschaftlich guten Jahren wieder Budgetüberschüsse zu erzielen.
  • Die Agenda Austria wünscht sich auch eine Lockerung der Öffnungszeiten und der Gewerbeordnung, was zu mehr unternehmerischem Freiraum führen soll.
  • Weiterbilden und umschulen, sowohl von Arbeitslosen als auch innerhalb der Betriebe.
  • Ein Abbau der förderlichen Kurzarbeitsbedingungen bis hin zum Auslaufen mit Ende des Jahres.