Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt davor, mit voreiligen Öffnungen und Lockerungen "sehenden Auges" einen Rückfall in der Coronavirus-Krise zu riskieren. "Wir müssen wachsam und diszipliniert bleiben", sagte Merkel am Montag in Berlin. Sollten die Infektionszahlen nach den ersten Öffnungen wieder stark steigen, müssten die scharfen Einschränkungen und der "Shutdown" wieder verhängt werden. Dies wolle sie unter allen Umständen vermeiden, auch im Interesse der Wirtschaft.

Wie die seit Montag in Kraft getretenen Lockerungen sich auf die Infektionszahlen auswirken, könne noch keiner sagen. "Was das bedeutet, sehen wir in 14 Tagen und nicht vorher", sagte die Kanzlerin. Wichtig sei vor allem, dass alle Infektionsketten nachverfolgt werden könnten. Dies sei in Deutschland nach wie vor noch nicht möglich. Merkel betonte, die bisher von Bund und Ländern getroffenen Maßnahmen seien nicht so scharf wie in anderen europäischen Ländern, wo beispielsweise Parks geschlossen seien und Menschen nicht nach draußen gehen dürften. Sie hoffe, dass solche Schritte in Deutschland nicht notwendig würden.

Merkel will EU-Budget deutlich erhöhen

Merkel will von der Corona-Krise besonders stark betroffenen EU-Staaten über eine deutliche Anhebung des EU-Haushalts helfen. "Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass er in den ersten Jahren nach der Pandemie ganz andere finanzielle Möglichkeiten haben muss", sagte Merkel am Montag auf die Frage nach der deutschen Position für die Verhandlungen am Donnerstag.

"Deutschland möchte nicht nur solidarisch sein, sondern wird auch solidarisch sein", sagte Merkel, über das Hilfspaket mit 500 Milliarden Euro hinaus, das die EU-Finanzminister bereits vereinbart hatten. "Aber das muss im Rahmen der heutigen Verträge sein", meinte sie zur Debatte über Eurobonds, die sie weiter ablehnt.

Mit Blick auf die Forderungen etwa Italiens und Spaniens betonte Merkel, dass bei der Hilfe berücksichtigt werden müsse, dass die Corona-Krise die Länder "ohne Verschulden" getroffen habe. "Das ist nicht Ergebnis von irgendwelchen Mängeln in der Wirtschaftspolitik oder anderen Dingen", sagte sie angesichts der Debatte etwa in den Niederlanden, Italien im Gegenzug für Kredite Reformauflagen zu machen.

Merkel deutete an, dass Deutschland sogar bereit sei, über neue EU-Verträge zu diskutieren, fügte aber hinzu: "Aber dann braucht man zwei, drei Jahre. Und wir werden schnelle Antworten auf die Pandemie brauchen."