Ankara und die libysche Regierung haben ja bereits ein ebenfalls heftig umstrittenes Abkommen über die Seegrenzen im östlichen Mittelmeer geschlossen. Das nun vom türkischen parlament beschlossene Militärabkommen ebnet den Weg für eine noch stärkere Rolle der Türkei in Libyen.

Der Militärpakt erlaubt es der Türkei laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, militärische Ausbildner und Berater nach Libyen zu schicken. Ankara habe auch die Genehmigung für gemeinsame Militärübungen und dürfe auf Anfrage Waffen und Militärfahrzeuge nach Libyen senden. Zudem sollen die beiden Seiten geheimdienstliche Informationen austauschen. Weiterhin verpflichte sich die Türkei, beim Aufbau einer Schutztruppe zu helfen, die in Libyen polizeiliche und militärische Aufgaben übernehmen soll.

Die libysche Regierung hatte bereits am Donnerstag bekanntgegeben, dass das mit der Türkei geschlossene Abkommen "umgesetzt" werde. Die UNO bedauerte daraufhin die "wachsende ausländische Einmischung in Libyen" und forderte erneut eine politische Lösung des Konflikts.

Außerdem bricht ein weiterer innerlybischer Konflikt auf, und die Türkei wird in den Konflikt gezogen: Haftar-Truppen erklärten, sie hätten ein unter der Flagge Grenadas fahrendes türkisches Frachtschiff gestoppt und durchsucht.

Die Türkei unterstützt die international anerkannte Einheitsregierung in Libyen bereits im Kampf gegen die Truppen Haftars, der seit Monaten mit Gewalt die Macht in der Hauptstadt Tripolis zu übernehmen versucht. Sie liefert den Regierungstruppen insbesondere Panzer und Drohnen. Haftar wird dagegen von Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Ägypten unterstützt.

Nach Angaben von Präsident Recep Tayyip Erdogan ist die Türkei auch bereit, eigene Truppen nach Libyen zu schicken.

Auch die EU ist indirekt von den Entwicklungen in der Region betroffen: Türkei und Libyen haben ein Abkommen unterzeichnet, das ihre Seegrenzen im östlichen Mittelmeer absteckt. Bei den anderen Anrainerstaaten Griechenland, Zypern und Ägypten stieß die Vereinbarung auf scharfe Kritik, da sie dadurch ihre eigenen Rechte in der Region verletzt sehen.  

Im Zentrum des Streits steht die Ausbeutung von Gasvorkommen vor Zypern, die in den vergangenen Jahren im Osten der Mittelmeerinsel entdeckt worden waren. Die Türkei fordert einen Anteil daran.

In Libyen herrscht seit dem Sturz und gewaltsamen Tod des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi 2011 Chaos. Die Einheitsregierung in Tripolis ist schwach und hat weite Teile des Landes nicht unter Kontrolle.