Die Übungen der Bewaffneten Volkspolizei in Shenzhen, das direkt neben der Sonderverwaltungszone Hongkong liegt, seien eine deutliche Warnung an die "Randalierer" gewesen. Sollte Hongkong Rechtsstaatlichkeit nicht selbst wiederherstellen können und die Unruhen sich verstärken, sei es zwingend erforderlich, dass die Zentralregierung eingreife.

Am Donnerstag hatte der chinesische Botschafter in London erklärte, die Zentralregierung werde "nicht da sitzen und zuschauen, sollte sich die Situation verschlechtern". Vor allem diese Äußerungen wurden als Zeichen eines härteren Kurses in Peking gewertet. China habe genug Möglichkeiten und Macht im Rahmen des Hongkonger Grundgesetzes, "um jede Unruhe schnell zu ersticken", sagte Liu Xiaoming. Wie die Regierung in Peking warf er den Demonstranten vor, Gewalt anzuwenden, und rückte sie in die Nähe von Terroristen. "Chinas Regierung wird niemals erlauben, dass einige gewalttätige Angreifer Hongkong auf einem gefährlichen Weg in einen Abgrund ziehen." Liu warf nicht näher genannten ausländischen Kräfte vor, sich in die Angelegenheiten Hongkongs einzumischen. "Hongkong ist Teil Chinas." Westliche Medien würden nicht ausgewogen über die Vorgänge berichten, kritisierte er zudem.

Zuvor waren die Übungen chinesischer Sicherheitskräfte in der Metropole Shenzhen bekanntgeworden. Die "Global Times" veröffentlichte ein Video, das lange Kolonnen von Lastwagen und gepanzerten Wagen zeigt, die durch Shenzhen rollen. Das verstärkte die Spekulationen über ein Eingreifen der Zentralregierung in Hongkong.

Die Hongkonger Regierung befasste sich indes mit den ökonomischen Folgen der Krise. Sie schnürte ein Konjunkturpaket, mit 2,2 Milliarden Euro sollen die Folgen des Handelsstreits zwischen den USA und China abgefedert werden, sagte Finanzminister Paul Chan am Donnerstag. Er kappte zudem die Prognose für das Wirtschaftwachstum in diesem Jahr. Das Bruttoinlandsprodukt könnte demnach im schlechtesten Fall stagnieren. Bisher war ein Plus von zwei bis drei Prozent angepeilt worden. "Es ist klug und vernünftig anzunehmen, dass der wirtschaftliche Gegenwind weiterhin sehr stark sein wird", sagte Chan. Die Konjunkturhilfen sehen Steuererleichterungen für Geringverdiener und Unternehmen vor. Besonders in der Baubranche sollen mehr Jobs geschaffen werden. Er bestritt aber, dass es sich um eine Reaktion auf die Demonstrationen handle.

Experten zweifeln aber daran, dass mit den Maßnahmen der Druck auf die international stark vernetzte Hongkonger Wirtschaft deutlich nachlassen wird. "Die Welt bewegt sich Richtung Rezession", sagte Ökonom Cliff Tan vom Institut MUFG. "Hongkong wird nicht in der Lage sein, das irgendwie zu überstehen, ohne betroffen zu sein." Capital Economics warnte davor, dass die Proteste Hongkong in eine Rezession stürzen oder "ein noch schlechteres Ergebnis riskieren könnten, wenn eine weitere Eskalation zu einer Kapitalflucht führt".

Die Demonstranten in Hongkong protestieren gegen die Regierung der Stadt, der sie eine zu große Nähe zu Peking vorwerfen. Das vereinbarte Grundgesetz für die Zone sieht weitreichende Zusagen für Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit auch als Teil des kommunistischen Chinas vor. Nach den Auseinandersetzungen der vergangenen Tage herrschte in der Stadt und am Flughafen zwar Ruhe, aber für das Wochenende sind weitere Protestaktionen angekündigt.