Nach neuen Zwischenfällen in der Straße von Hormuz spitzt sich die Krise zwischen der Regionalmacht Iran und dem US-Verbündeten Großbritannien zu. Der Iran beschlagnahmte am Freitag innerhalb kurzer Zeit zwei britische Tanker - einer davon konnte seine Fahrt später wieder fortsetzen.

Der britische Außenminister Jeremy Hunt drohte der Führung in Teheran mit "ernsten Konsequenzen", sollte sie nicht auch den anderen Tanker bald freigeben. In einem Interview des Senders SkyNews sagte er aber auch, militärische Optionen würden nicht erwogen. "Wir halten nach einem diplomatischen Weg Ausschau, um diese Situation zu lösen."

Hunt erklärte, er habe mit US-Außenminister Mike Pompeo über die Situation gesprochen. Versuche, mit dem iranischen Außenminister Mohammed Kawad Zarif zu telefonieren, seien zunächst nicht erfolgreich gewesen. Die betroffene Meerenge im Golf von Oman, die Straße von Hormuz, ist eine der wichtigsten Seestraßen der Welt. Fast ein Drittel des globalen Ölexports wird durch die Meerenge verschifft.

US-Aufklärungsflugzeuge im Einsatz

Das US-Militär teilte mit, es habe Aufklärungsflugzeuge im Einsatz, um die Lage in der Straße von Hormuz zu beobachten. Die Flugzeuge operierten im internationalen Luftraum. Man stehe zudem in Kontakt mit US-Schiffen in der Gegend, um deren Sicherheit zu garantieren.

Die Iranischen Revolutionsgarden (IRGC) hatten nach eigenen Angaben zunächst den unter britischer Flagge fahrenden Öltanker "Stena Impero" der Reederei Stena Bulk in der Straße von Hormuz gestoppt und in Richtung iranischer Küste gebracht. Zur Begründung hieß der iranischen Nachrichtenagentur FARS zufolge, der Tanker soll zuvor in einen Unfall mit einem iranischen Fischerboot verwickelt gewesen sein. Als das Fischerboot einen Notruf abgesetzt habe, habe der britische Tanker ihn ignoriert, sagte ein Vertreter der iranischen Hafen- und Seefahrtsbehörde laut der Agentur am Samstag.

Schwedische Reederei "Stena Bulk"

Die schwedische Reederei "Stena Bulk", der das Schiff gehört, teilte dagegen mit, der Tanker habe sich an sämtliche internationalen Vorschriften gehalten. Der Tanker sei zur weiteren Untersuchung in den Hafen der Stadt Bandar Abbas gebracht worden. Alle 23 Besatzungsmitglieder sollten bis zum Ende der Untersuchung an Bord bleiben. Nach   Angaben ihrer Reederei sind wohlauf. "Der Besatzung geht es den Umständen entsprechend gut", sagte der Chef des Schifffahrtsunternehmens, Erik Hanell, am Samstag dem schwedischen Sender SVT in Göteborg. Von den 23 Besatzungsmitgliedern seien 18 aus Indien und fünf aus Russland, von den Philippinen und aus Lettland. Gleichzeitig dementierte Hanell Berichte, wonach sich das Schiff während des Zwischenfalls am Freitag in iranischen Gewässern befunden habe.

GPS-Signal ausgeschaltet

Der Tanker habe sein GPS-Signal ausgeschaltet und sei vom südlichen Teil der Straße von Hormuz, der nur für den Ausgang der Schiffe vorgesehen ist, in die Meerenge eingefahren und habe damit eine Kollision mit anderen Schiffen riskiert, berichtete die iranische Nachrichtenagentur Tasnim. Dies verstoße gegen die maritimen Vorschriften am Golf. Außerdem solle der Tanker auch umweltschädigende Materialien an Bord haben, die derzeit von der Umweltbehörde in Bandar Abbas untersucht würden.

Schiff verließ den Kurs

Das schwedische Schiffsunternehmen teilte dementgegen mit, mehrere unbekannte kleinere Boote und ein Hubschrauber hätten sich genähert, als der Tanker in internationalen Gewässern kreuzte. Wie Daten der Internetseite Marine Traffic zeigen, verließ die "Stena Impero" gegen 17.30 Uhr MESZ ihren Kurs, als sie die Straße von Hormuz passiert hatte. Das Schiff war unterwegs vom Hafen Fujaira in den Vereinigten Arabischen Emiraten in Richtung Al-Jubail in Saudi-Arabien.

Weiterer Tanker abgedrängt

Kurz darauf wurde auch der unter liberianischer Flagge fahrende Tanker "Mesdar" des britischen Unternehmens Norbulk Shipping UK in Richtung Iran abgedrängt. Wie das Unternehmen mitteilte, wurde die "Mesdar" bald darauf aber wieder freigegeben. Nach dreieinhalb Stunden sei die Kommunikation mit der Besatzung wiederhergestellt worden. Die bewaffneten Sicherheitskräfte hätten das Schiff wieder verlassen und die "Mesdar" könne die Reise fortsetzen. Die halbstaatliche Nachrichtenagentur Fars berichtete, die Besatzung sei routinemäßig von der iranischen Marine über die Umweltvorschriften im Persischen Golf aufgeklärt worden und anschließend weitergefahren.

Spannungen verschärft

Die Spannungen in der Region hatten sich in den vergangenen Monaten immens verschärft. Die Handelsschifffahrt wurde in den Konflikt zwischen den USA und dem Iran hineingezogen. Es kam zu mehreren Zwischenfällen mit Tankern und Drohnen. US-Präsident Donald Trump erklärte am Donnerstag, ein US-Marineschiff habe in der Straße von Hormuz eine iranische Drohne zerstört. Teheran widersprach. Großbritannien und der Iran streiten zudem über einen in Gibraltar festgesetzten iranischen Öltanker.

Nach den Vorfällen am Freitag kündigte Trump an, sich eng mit Großbritannien abstimmen zu wollen. Er betonte aber auch, dass die USA nicht viele Tanker hätten, die in dem Seegebiet unterwegs seien. Die Vereinigten Staaten treiben derzeit eine Initiative namens "Operation Sentinel" zum Schutz von Handelsschiffen in der Region voran. Dabei soll es vor allem darum gehen, die Straße von Hormuz mit erhöhter Militärpräsenz in der Region besser zu überwachen. Das US-Zentralkommando betonte am Freitag, die USA seien zwar gewillt, die Operation zu unterstützen, ohne Beiträge anderer Länder werde sie aber keinen Erfolg haben.

US-Soldaten nach Saudi-Arabien

Das US-Militär kündigte am Freitagabend zudem nach einer entsprechenden Genehmigung von König Salman an, Soldaten nach Saudi-Arabien zu schicken. Der Schritt diene als zusätzliche Abschreckungsmaßname und dazu, die Streitkräfte und Interessen der USA in der Region vor Bedrohungen zu schützen. US-Medien hatten zuvor darüber berichtet, dass es sich um bis zu 500 Soldaten handeln solle.