Bei der Parlamentswahl in Südafrika hat die Partei von Nationalheld Nelson Mandela ihre absolute Mehrheit verteidigt, zugleich aber einen Denkzettel verpasst bekommen. Mit 57,5 Prozent der Stimmen fuhr der Afrikanische Nationalkongress (ANC) sein schlechtestes Ergebnis seit dem Ende des rassistischen Apartheid-Regimes 1994 ein, wie aus dem am Samstag veröffentlichten Endergebnis hervorgeht.

Die Abstimmung sei frei und fair gewesen, teilten die Wahlkommission und die internationalen Beobachter mit. Kleinere Parteien sprachen dagegen von Unregelmäßigkeiten.


Der seit 25 Jahren regierende ANC hatte bei der vorigen Wahl 2014 noch 62 Prozent erzielt. Mit Verlusten für die einst so stolze Partei des Anti-Apartheid-Kämpfers Mandela (1918-2013) war angesichts der Unzufriedenheit über Korruptionsskandale, Arbeitslosigkeit und Armut in dem Land gerechnet worden. Zugleich erreichte die Wahlbeteiligung mit rund 66 Prozent einen historischen Tiefstand. Rund 27 Millionen Südafrikaner waren am Mittwoch aufgerufen gewesen, Parlament und Provinzvertretungen zu wählen.

Zweite Amtszeit für Ramaphosa 

In Südafrika wählt das Parlament auch den neuen Staatschef. Dem Spitzenkandidaten des ANC, Präsident Cyril Ramaphosa (66), ist somit eine zweite Amtszeit sicher. Der frühere Gewerkschaftsführer war im Februar 2018 an die Staatsspitze gelangt, nachdem der damalige Präsident Jacob Zuma infolge schwerer Korruptionsvorwürfe zurückgetreten war. Zumas fast zehnjährige Amtszeit wird in Südafrika oft als "verlorenes Jahrzehnt" beschrieben: Die Arbeitslosenquote stieg weiter an, die Staatsschulden schnellten in die Höhe, die Wirtschaft stagnierte.

Die führende Oppositionspartei, die Demokratische Allianz (DA), gab bei der Wahl leicht nach von 22 auf knapp 20,8 Prozent der Stimmen. Die linksgerichtete Partei der Wirtschaftlichen Freiheitskämpfer (EFF) hingegen kletterte von sechs auf 10,8 Prozent. Die Populisten hatten gezielt um die Stimmen schwarzer Südafrikaner geworben, die vom ANC enttäuscht sind. Eine Partei der weißen Minderheit, VF Plus, legte von 0,9 auf knapp 2,4 Prozent zu.

Südafrika ist die am meisten entwickelte Wirtschaft des Kontinents. Doch rund 30 Millionen Menschen - zumeist schwarze Südafrikaner - leben der Regierung zufolge in Armut. Die Arbeitslosenquote liegt nach offizieller Lesart bei über 27 Prozent. Die weiße Minderheit - die etwa acht Prozent der 56 Millionen Südafrikaner ausmacht - ist finanziell nach wie vor wesentlich besser gestellt. Die Weltbank bezeichnet Südafrika als eines Länder mit der größten Schere zwischen Arm und Reich weltweit.