Russland gedenkt am Samstag des Sieges der Roten Armee über Hitler-Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Vor 70 Jahren, am 9. Mai 1945, unterzeichnete der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel, im Hauptquartier der Sowjettruppen in Berlin-Karlshorst die bedingungslose Gesamtkapitulation.

Die Sowjetunion trug die Hauptlast des Krieges: geschätzte 27 Millionen Sowjetsoldaten und Zivilisten wurden getötet.

Die Militärparade zum runden Jubiläum auf dem Roten Platz in Moskau wird dieses Jahr besonders aufwändig ausfallen. 16.000 russische Soldaten und insgesamt 1.300 ausländische Soldaten - vor allem aus Serbien, Indien und China - sowie 194 Panzereinheiten und 143 Flugzeuge und Hubschrauber nehmen daran teil. Nach der Parade sollen 165.000 Menschen durch das Moskauer Stadtzentrum marschieren und Bilder von Verwandten, die im Zweiten Weltkrieg kämpften, hochhalten. Für einen möglichst blauen Himmel sollen Flugzeuge sorgen, die drohende Regenwolken mit chemischen Substanzen wie Silberjodid auflösen - ohne dass die Umwelt belastet wird, wie die Behörden versichern.

Neue Kanone, neuer Panzer

Stolz werden bei dem Militärdefilee erstmals in der Öffentlichkeit die neuen Koalizja-SV-Kanonen sowie Panzer vom Typ Armata T-14 präsentiert. Diese sollen 2016 in Dienst gestellt werden, Russland rühmt sie aber schon jetzt als die leistungsstärksten der Welt. Westliche Kritiker werfen dem Kreml vor, mit der Demonstration militärischer Stärke vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise seinen Anspruch auf Großmachtpolitik unterstreichen zu wollen.

Der russische Präsident Wladimir Putin empfängt am "Tag des Sieges" den UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, den chinesischen Staatschef Xi Jinping, den kubanischen Präsidenten Raúl Castro und andere Spitzenpolitiker aus Indien, Nordkorea, Südafrika und ehemaligen Sowjetrepubliken. Dagegen bleiben namhafte Vertreter der ehemaligen Kriegsalliierten USA, Großbritannien und Frankreich dem Ereignis unter Verweis auf den Ukraine-Konflikt fern.

Für Deutschland wurde eine Art Kompromisslösung gefunden. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) trifft erst am Sonntag in Moskau ein, um dort mit Putin am Grabmal des Unbekannten Soldaten einen Kranz niederzulegen. Anschließend sind ein Arbeitsmittagessen und eine gemeinsame Pressekonferenz vorgesehen.

Deutscher Außenminister in Wolgograd

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reist bereits am Donnerstag nach Wolgograd. Die Schlacht um das damalige Stalingrad wurde 1943 zum Wendepunkt des im Juni 1941 vom Deutschen Reich begonnenen Kriegs gegen die Sowjetunion. Steinmeier wird zusammen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow einen deutschen und einen sowjetischen Soldatenfriedhof besuchen. Am Abend steht der Besuch eines "Friedenskonzerts" der Symphonieorchester Wolgograds und Osnabrücks auf dem Programm.

In Moskau dauern die Feierlichkeiten zum Sieg im "Großen Vaterländischen Krieg" bereits seit Montag. Am Roten Platz prangt das Logo des Ereignisses - eine blaue Friedenstaube auf blauem Grund mit dem Schriftzug "Sieg! 70 Jahre" auf einem 3.300 Quadratmeter großen Banner. Das entspricht dem Ausmaß von 17 Tennisplätzen.

Farbsymbole des Zarismus

Die in der russischen Hauptstadt seit einigen Tagen dominierenden Farben sind allerdings Orange und Schwarz. Es sind die Farben des Sankt-Georgs-Bandes, ehemaliges Symbol des zaristischen Russlands, das heute für russischen Patriotismus steht.

Beliebt sind diese Farben auch bei den prorussischen Rebellen in der Ukraine und beim Putin-nahen Motorradklub "Nachtwölfe" aus Moskau. Mitglieder des Klubs befinden sich derzeit auf einer Tour auf den Spuren der Roten Armee vor 70 Jahren. Polen, Deutschland und weitere Länder verweigerten Bikern die Einreise. Menschen aus dem Umfeld der "Nachtwölfe" besuchten aber am Montag die KZ-Gedenkstätte im bayerischen Dachau. Am Samstag, dem "Tag des Sieges", wollen sich Motorradfahrer am sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park in Berlin einfinden.