Es ist schon eine herbe Niederlage für Staatspräsident Vaclav Klaus: Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wird heute Nachmittag der tschechische Senat - die zweite Kammer des Parlaments - für den EU-Vertrag von Lissabon stimmen, mit dem die Arbeitsweise der Gemeinschaft grundlegend reformiert werden soll. Nach letzten Informationen werden mindestens 49 der 81 Senatoren dem Abkommen zustimmen. Damit wäre nach langem Hin und Her die erforderliche Mehrheit im Senat klar erreicht. Die Euroskeptiker fanden sich vor allem innerhalb der Regierungspartei ODS sowie bei den Kommunisten. "Ich gehe davon aus, dass mehr als sieben ODS-Senatoren für das Abkommen stimmen werden", sagte der Fraktionsvorsitzende der Partei im Senat, Jiri Stritesky, am Vorabend der Abstimmung.

Der große Skeptiker. Damit fehlt zur gültigen Ratifizierung des Vertragswerkes in der Tschechischen Republik nur noch die Unterschrift des Präsidenten selbst. Und bei aller euroskeptischen Haltung wird erwartet, dass Klaus nun wohl keine ernsthaften Argumente für das Verweigern einer solchen Unterschrift vorbringen wird können. Klaus hatte mit einem Scheitern des Vertrages im Senat und einem anschließenden Referendum gerechnet, doch dafür fehlt nun die Rechtsgrundlage. Allerdings hat der Präsident angekündigt, seine Unterschrift solange hinauszögern zu wollen, bis die Volksabstimmung in Irland über Lissabon gelaufen ist. Dies wird aber erst im Herbst der Fall sein. Der Lissabonner Vertrag kann nur in Kraft treten, wenn er von allen Mitgliedern der EU ratifiziert worden ist.

Sehr zufrieden. Der scheidende Premier Mirek Topolanek ist mit dieser Entwicklung sehr zu frieden, zeige sich damit doch, dass sein Werben für Europa und das Vertragswerk mit Erfolg abgeschlossen werden konnte. Dass dies noch vor dem endgültigen Abdanken der Regierung am 9. Mai über die Bühne geht, befriedigt auch den Vizepremier und bisherigen Minister für Europäische Angelegenheiten, Aleksandr Vondra. "Die Annahme des Vertrages zeigt, dass wir uns nicht aufgegeben haben." Das klingt sehr optimistisch. Doch die Folgen der Abstimmung könnten zu heftigen Verwerfungen innerhalb der ODS führen. Denn bei weitem nicht alle Parlamentsabgeordnete und Senatoren stimmen dem Europakurs ihres Parteichef zu. Bereits beim vergangenen Parteitag der ODS gab es heftige Kritik und Parteiaustritte. Präsident Klaus legte seine Ehrenmitgliedschaft nieder, andere Abgeordnete wie etwa der Parteirebell Jan Schwippel, der im April am Sturz der eigenen Regierung beteiligt war, haben die Partei mittlerweile verlassen.

Es wird erwartet, dass als Konsequenz aus der Bestätigung des Lissabonner Abkommens durch den Senat Mitglieder des rechten ODS-Randes zu der von Petr Mach gegründeten "Partei Freier Bürger" wechseln könnten.