Unter Ihrer Federführung soll eine Vision für die Lehrerausbildung entstehen. Was wird sich denn als Erstes ändern?
PETER HÄRTEL: Das Konzept soll bis Ende 2009 stehen und im ersten Halbjahr 2010 breit diskutiert werden. Voll umgesetzt wird es realistischerweise erst im Herbst 2011. Dass Pädagogische Hochschulen und Universitäten von jetzt an eng zusammenarbeiten, ist der entscheidende große Schritt.

Wie wird denn das konkret funktionieren?
HÄRTEL: Über die gemeinsame Gestaltung der Einstiegsphase, über das gemeinsame Erarbeiten der Profile, die wir uns von den Studienanfängern wünschen, und der Kriterien dafür, ob Leute, die ein Lehramtsstudium beginnen wollen, auch geeignet dafür sind. Dabei geht es vor allem auch darum, dem Bewerber selbst dabei zu helfen, darüber zu reflektieren, ob das Lehramt das richtige für ihn ist. An der Pädagogischen Hochschule in Graz, aber auch zum Beispiel an der PH der Erzdiözese Wien oder an der Uni in Innsbruck gibt es gute Modelle.

Das Grazer Modell ist gut, bindet allerdings erhebliche Ressourcen. Wird es diese Kraftanstrengung geben oder ist eine Billigvariante zu befürchten?
HÄRTEL: Die Mitglieder der Expertengruppe sind renommierte Vertreter von Universitäten und Pädagogischen Hochschulen, sie werden keine Billigvariante vorschlagen.

Worauf würden Sie persönlich achten bei einem Bewerber?
HÄRTEL: Am wichtigsten ist für mich emotionale Stabilität, die Bereitschaft, sich pädagogisch auf eine Reise zu begeben und dabei nicht nur das Verhalten anderer sondern auch das eigene zu reflektieren und anzupassen. Das ist Voraussetzung dafür, verschiedene Lehr- und Lernprozesse optimal auf unterschiedliche Situationen anwenden zu können, das ist auch die Stärke der Finnen. Lehren und Lernen ist Beziehungsarbeit, und das ist in den Vordergrund zu stellen, in Verbindung mit dem Fach. Nicht umgekehrt, wie es oft passiert, dass das Fach im Vordergrund steht und man sich halt ein paar Instrumente zulegt, mit denen man den "Stoff" an den Mann bzw. ans Kind bringt.

Was können denn Österreichs Lehrer besonders gut und was besonders schlecht?
HÄRTEL: Sie erbringen erstaunlich engagiert bei widrigsten strukturellen Bedingungen tolle Leistungen. Das kann man gar nicht genug anerkennen. Was schlecht gemacht wird, will ich so nicht sagen, sondern ich möchte es allgemein mit dem Hinweis auf die Kultur unseres Bildungswesens beantworten: Die Wissensvermittlung steht oft im Vordergrund, aber es geht um die Entwicklung von Kompetenzen und Potenzialen, um die persönliche Entwicklung der jungen Menschen. Und wir sind zu defizitorientiert. Wir pflegen eine Fehlerkultur, ohne mit der gleichen Intensität darauf zu schauen, welche Fortschritte gemacht werden. Dabei wissen wir aber, dass dort die besten Lernfortschritte erreicht werden, wo man Verstärkung und Unterstützung erlebt.