Wer in der Politik Karriere machen will, hat in den letzten Tagen sein Handy nicht ausgeschaltet. Der Anruf aus Wien, ereilte Sonntagabend den Zweiten Nationalratspräsidenten Michael Spindelegger. Nachdem Ursula Plassnik ihr Amt niedergelegt hatte, fragte ÖVP-Chef Josef Pröll den Niederösterreicher, ob er Außenminister werden wolle. Nach "ernsthaften Überlegungen und Beratung mit meiner Frau" sagte dieser noch in der Nacht zu.

Viele Namen. Für das Landwirtschaftsministerium geisterte der Name Fritz Grillitsch herum. Der Bauernbundchef kommt aus der Steiermark. Das passte den Niederösterreichern nicht, also klingelte Sonntagabend auch das Telefon des burgenländischen Agrarlandesrates Niki Berlakovich. Neben den Steirern und Kärntnern war auch dessen Landesgruppe gegen die Koalition mit der SPÖ.

Acuh Paierl im Gespräch. Pröll hatte noch einen anderen Steirer im Talon: Herbert Paierl, Vorstand der Beteiligungsfirma UIAG und Aufsichtsrat mehrerer Gesellschaften, hatte zugesagt, das Wirtschaftsressort zu übernehmen. Paierl war bis 2004 Landesrat, bis heute schwelen in der steirischen ÖVP Rivalitäten. Der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer bestreitet, dass er Paierl verhindert, ja, dass er auch nur von dessen Kür gewusst habe. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl favorisierte seinen stellvertretenden Generalsekretär und oberösterreichischen Landsmann Reinhold Mitterlehner - und setzte sich durch.

Anders entschieden. Bei der entscheidenden Sitzung Montag früh in der Parteiakademie in Wien nannte Pröll Paierl nicht mehr. Danach sagte er: "Paierl ist ein hervorragender Politiker, ich mag ihn. Aber ich habe anders entschieden." Dafür sitzt nun ein anderer Steirer weiter auf der Regierungsbank. Reinhold Lopatka, bisher als Staatssekretär im Bundeskanzleramt für Sport zuständig, wechselt ins Finanzministerium, um Pröll dort den Rücken frei zu halten. Er wurde Sonntag gegen Mitternacht gefragt.

Pröll gegen Koalition. Am Ende stimmte Schützenhöfer im Parteivorstand gegen die Koalition mit der ÖVP. Der scheidende Wirtschaftsminister aus der Steiermark, Martin Bartenstein, und der Kärntner Landeschef, Josef Martinz, taten es ihm gleich. Die Besetzung der schwarzen Hälfte der Regierungsbank wurde hingegen einstimmig akzeptiert.

Nachfolger-Frage. Und wer folgt dem neuen Außenminister Spindelegger in das Nationalratspräsidium nach? In der ÖVP, die den Kandidaten dafür vorschlagen darf, hat es Tradition, dass hier ein Vertreter des Angestelltenbundes zum Zug kommt. Pröll könnte ÖAAB-Chef Fritz Neugebauer derart elegant das Schulthema entziehen. Ober er bedenkt, da mit Karl Heinz-Kopf auch die Klubleitung ein Mann übernimmt, dass er mit zwei Ministerinnen und einer Staatssekretärin nur drei Frauen in die Auslage stellt. Die Nationalratsabgeordnete Beatrix Karl ist ÖAAB-Mitglied - und Steirerin.