Die Rolle als Juniorpartnerin in einer großen Koalition bekommt der deutschen SPD schlecht. Auf der einen Seite hat sich die christdemokratische Bundeskanzlerin Angela Merkl von der grauen Sachbearbeiterin zur Staatsfrau und zum Medienliebling gemausert. Auf der anderen Seite gewinnt die linkspopulistische Opposition an Zuspruch. "Eingezwickt zwischen einem starken Kanzler und einer rabiaten Opposition - im Regelfall ist das für eine Partei tödlich", sagt der Politikberater Christian Scheucher.

Schwierige Lage. Er kennt diese Lage nur zu gut. In den Neunzigern arbeitete Scheucher für den damaligen ÖVP-Obmann Erhard Busek, der zwischen dem SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky und der immer stärker werdenden FPÖ Jörg Haiders fest steckte. Auch Buseks Nachfolger Wolfgang Schüssel schaffte es bei der Nationalratswahl 1995 nicht, die SPÖ zu überholen. Bei der nächsten, 1999, stürzte er dann so richtig ab. Er verdankte es nicht seiner Vorstellung als Vizekanzler, sondern nur seiner Chuzpe und seinem Verhandlungsgeschick, dass er vom dritten Platz aus Kanzler wurde. Binnen zweieinhalb Jahren schaffte er es dann, seinen neuen Partner, die FPÖ, auf ein Drittel ihrer Größe zu reduzieren.

Faymann noch ungeübt. Kein Wunder, dass viele in der ÖVP Angst davor haben, diese Rolle schon wieder anzunehmen. "Die Lage ist heute aber eine andere", analysiert Scheucher: SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann sei als Regierungschef selbst noch ungeübt. ÖVP-Obmann Josef Pröll werde gut beraten und könne auf ein dichtes Netzwerk unter den Mächtigen im Lande vertrauen. Und die vergangene Legislaturperiode unter Alfred Gusenbauer hat gezeigt: Der sogenannte Kanzlerbonus kann in einen Malus umschlagen. In den letzten zwei Jahren führte über weite Strecken die ÖVP in den Umfragen. Die Rolle des Juniorpartners zu meistern sei jedoch i"Knochenarbeit und muss vom ersten Tag an minutiös geplant werden", sagt Scheucher. Wer steht wo bei der wöchentlichen Pressekonferenz nach dem Ministerrat? Wer darf wie lange reden? Wie gibt man einander vor laufenden Kameras die Hand?

Außenminister Pröll? Entscheidend für das Bild, das Pröll vermittelt, ist das Ressort, das er übernimmt. Umwelt und Landwirtschaft sind Nischenthemen. Im Innenministerium, in das er vor einem halben Jahr gerne gezogen wäre, gibt es - Arigona, Personalfehden bei der Polizei - zu viele Fallen. Bleiben zwei Varianten, die in der ÖVP diskutiert werden: Der Finanzminister kann sogar dem Kanzler bei großen Projekten reinreden, bürdet sich aber viel Arbeit auf. Der Außenminister macht sich die Hände nicht in innenpolitischen Niederungen schmutzig, sammelt Fotos von sich mit Staatslenkern, ist aber zu selten in Wien. Wolfgang Schüssel entschied sich 1995 für die zweite Variante, das Außenamt.