Wer will nicht weniger für Lebensmittel zahlen? Mit der großen Breitenwirkung seiner Idee, die Mehrwertsteuer von zehn auf fünf Prozent zu senken, scheint SPÖ-Chef Werner Faymann spekuliert zu haben. Das Thema elektrisiert. Doch es ist auch der umstritteneste Plan aus dem mit fünf Ideen gespickten Entlastungspaket, mit dem die SPÖ den von der Teuerung besonders Betroffenen noch vor den Wahlen zu Hilfe eilen will.

Mäßig beliebt. Erstaunlich dabei: Bei einem Rundruf der Kleinen Zeitung war kein Gesprächspartner zu finden, der sich für die Halbierung des Obolus auf Lebensmittel wirklich erwärmen kann. Sogar der SPÖ-nahe Wirtschaftsforscher Markus Marterbauer ist deutlich skeptisch. "Das ist dann gut, wenn die Halbierung tatsächlich in niedrigere Preise mündet", formuliert er bedächtig. Er hat aber so seine Zweifel, ob weniger Steuer die Preise sinken lässt. Außerdem nützte die Maßnahme allen Einkommensschichten gleich. "Viel treffsicherer" wäre es laut Marterbauer, Bedürftigen wie Mindestpensionisten oder den Sozialhilfe-Empfängern gezielt unter die Arme zu greifen. Wohl auch deutlich billiger, meint er.

Eine verbreitete Ansicht. Auch Caritas-Präsident Franz Küberl hält die angepeilte Steuersenkung für "keine gute Idee". Dies sei die falsche Antwort auf ein großes Problem, "weil die Gießkanne auch jenen Wasser bringt, die eh genug haben". Stattdessen sollten Kleinstpensionisten und Sozialhilfe-Empfänger besser direkt "mit jährlich nicht unter 300 Euro" unterstützt werden, sagt die Stimme der Caritas. Ähnlich klingt der Sprecher der Armutskonferenz, Martin Schenk. "Ich halte eine Steuersenkung für unvernünftig, sie kostet auch viel zu viel". Die große Gruppe mit dem wenigsten Geld müsse bereits 36 Prozent davon für Wohnen und Energie und weitere 18 bis 20 Prozent für Ernährung ausgeben. "Das ist mehr als die Hälfte des Einkommens", rechnet Schenk vor, der für die Ärmsten direkte Hilfe, etwa Heizkosten-Zuschüsse, fordert.

"Lohnsteuer senken". Auch Staatsschulden-Professor Bernhard Felderer, ist gar nicht glücklich. "Die beste Hilfe wäre eine rasche Senkung der Lohnsteuer und eine höhere Negativsteuer" für Kleinstverdiener, die keine Lohnsteuer zahlen, sagt Felderer. Zur kurzfristigen Dämpfung sei eine reduzierte Lebensmittel-Steuer, die zu sehr die Falschen begünstige, "auch wenig geeignet. Und dass sie rund 800 Millionen Euro im Jahr koste, sei "das wirkliche Problem": Weil sie zu viel Geld für die spätere Steuerreform wegfrisst.

Auch andere Probleme wären bei einer Steuer-Halbierung zu lösen: Weil die EU nur zwei reduzierte Steuersätze erlaubt, müsste der 12-prozentige etwa für Wein-ab-Hof-Verkauf fallen. Die ÖVP sträubt sich generell heftig dagegen, auch Bauern werden sie zu wehren beginnen.