Wir liegen bei 21 Prozent. Diesen Katastrophenwert gab die SPÖ im Juli als ihre Startposition für den Wahlkampf bekannt. Viele sprachen von absichtlicher Tiefstapelei. Es kommt nun auf jede Stimme der - in größerer Zahl als bei der ÖVP vorhandenen - Stammwähler an, so lautete die Botschaft. Auch bis zum und beim gestrigen Parteitag sollte nach der Gusenbauer-Missstimmung jeder Funktionär und vor allem Gewerkschafter neu motiviert werden.

Hoffnung auf den Sieg. Nach dem Zweckpessimismus als versteckte Rückholaktion für enttäuschte Wähler wird nun langsam die Kurve gekratzt. Werner Faymann hat ja noch Hoffnung auf den Sieg. Intern kommuniziert man, dass die ÖVP in den Umfragen fast genauso schlecht liegt. Das stimmt - und ändert nichts daran, dass die Datenlage für die SPÖ wirklich katastrophal ist.

Alles ist denkbar. Bei Schätzungen des SPÖ-Ergebnisses kann man 21, 25 oder 29 Prozent sagen. Nachdem jeder zweite bis dritte Wähler unentschlossen ist, ist alles denkbar. Doch in den Rohdaten für jene Wahlberechtigten mit klarer Parteipräferenz wird klar, warum die ÖVP das Neuwahlabenteuer wagte: Die SPÖ lag vor einem Monat deutlich zurück und bloß rund zwei Prozentpunkte vor der Strache-FPÖ.

Hohes Risiko. Eine Faustregel lautet, dass im Wahlkampf fünf Prozentpunkte gewinn- oder verlierbar sind. Die SPÖ muss also aufpassen, innerhalb des Spektrums für den gerade noch möglichen Spitzenplatz zu bleiben. Nicht einmal in Wien, traditionell eine rote Hochburg, ist für die Nationalratswahl der erste Platz gesichert. Man fällt vielleicht von lichten Höhen auf knapp über 30 Prozent, denen sich Strache von unten nähert. Eine in Wien nicht erstplatzierte SPÖ wäre so, als sei der Papst im Vatikan nicht mehr beliebt.

Noch kein Thema. Das sind Daten vom Juli, doch ist für die SPÖ trotz freundlichster Faymann-Präsenz in der Kronen-Zeitung wenig besser geworden. Offenbar musste der Wiener Boulevardliebling in einer Österreich-Rundfahrt wirklich zunächst seine eigenen Reihen schließen. Genug gestritten gilt als Slogan sowohl für die Regierung als auch SPÖ-Querelen. Ein Wahlkampfthema hat Faymann bisher nicht gefunden, nachdem der automatische Pensionsrechner als Feindbild irgendwo im Sommerloch verschwunden ist.