Das Anlass ist - gemessen an den diplomatischen Auswirkungen - relativ harmlos: Hannibal Gaddafi (32), Sohn des libyschen Revolutionsführers, und dessen hochschwangere Ehefrau wurden in der Vorwoche in Genf festgenommen. Sie haben im Hotel "President Wilson", wo sie zwei Suiten gebucht hatten, ihre beiden Angestellten, einen 36-jährigen Marokkaner und eine 35-jährige Tunesierin verprügelt und mit heißem Wasser überbrüht. Zwei Tagen sassen die Gaddafis in Haft, ehe sie gegen eine Kaution von rund 40.000 Euro wieder in Freiheit entlassen wurden. Was nun droht ist eine Anklage wegen "einfacher Körperverletzung, Drohung und Nötigung".

Schweizer festgenommen. Diese Behandlung seines Sohnes hat Papa Muammar G. derart erbost, dass er in Libyen mehrere unbescholtene Schweizer festnehmen ließ. Zudem ordnete der Revolutionsführer an, fortan keine Geschäfte mehr mit Eidgenossen abzuwickeln.

Ölkrise. Nachhaltigere Folgen dürfte die Drohung Gaddafis haben, demnächst Öl-Lieferungen in die Schweiz stoppen zu lassen. Das wäre für die Alpenrepublik fatal, denn immerhin bezieht sie 50 Prozent aus dem Wüstenstaat.

Sehr ernst genommen. Die diplomatische Verstimmung wird in der Schweiz sehr ernst genommen. Außenministerin Micheline Calmy-Rey brach ihren Urlaub ab und stärkte den Krisenstab, dessen Ziel es ist, diplomatische Kanäle in Tripolis zu öffnen ohne auf Hannibals Strafverfolgung zu verzichten.

Wiederauflage. Die jetzigen Unstimmigkeiten sind nur die Wiederauflage ähnlicher Querelen, die bereits 1997 das Verhältnis der beiden Staaten zueinander bestimmt hatten. Damals hatte die Schweiz es abgelehnt, Saif al-Islam Gaddafi, Hannibals älteren Bruder, in der Schweiz studieren zu lassen. Man könne nicht für seine Sicherheit garantieren, lautete die offiziele Begründung. Libyen hatte daraufhin mit einem generellen Einreiseverbot für Schweizer reagiert. Dieses wurde rund ein halbes Jahr aufrecht erhalten.

Schlagzeilen. Aber auch Hannibal Gaddafi hat bereits für Schlagzeilen ob seiner Aggressionen gesorgt. Allerdings nicht in der Schweiz, sondern in Paris, wo er 2005 wegen Misshandlung seiner Begleiterin festgenommen worden war. Zudem war machte er Schlagzeilen, weil er mit 140 km/h über die Champs Elysees gerast war.