Fast vier Prozent Teuerung im Juni. Die Menschen stöhnen unter der Belastung. Was wollen Sie als Wirtschaftsminister gegen weiter steigende Preise unternehmen?
MARTIN BARTENSTEIN: Die Teuerung ist ein großes Problem. Das Schreckgespenst der Inflation kommt weltweit zurück. Bei allem Bemühen, die Dinge zu verbessern, soll man nicht außer Acht lassen, dass Österreich mit 3,9 Prozent ein Zehntel unter der Euro-Zone und einige Zehntel unter dem EU-Durchschnitt von 4,3 Prozent liegt.

Für die Konsumenten ist das aber wenig Trost. Sie können sich für ihr Geld immer weniger leisten.
BARTENSTEIN: Die Gründe für die Entwicklung sind auch klar, das sind die Verdoppelung der Ölpreise im letzten Jahr und die steigenden Nahrungsmittelpreise. Studien der Weltbank und der OECD belegen, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen hohen Lebensmittelpreisen und der verstärkten Produktion von Biosprit gibt.

Die Wirtschaftsforscher sagen aber auch, dass ein Drittel der Inflation in Österreich hausgemacht ist. Wäre es nicht Ihre Aufgabe, dagegen einzuschreiten?
BARTENSTEIN: Das sind 1,3 Prozent, gewissermaßen die Kerninflation. Wir wissen, auch das ist zu hoch, aber die 1,3 Prozent liegen deutlich unter den zwei Prozent, die die EU langfristig als Ziel vorgegeben hat. Aber es ist richtig, dass einige Zehntel wohl drinnen sind, die in Österreich beeinflusst werden können.

Wie soll das geschehen?
BARTENSTEIN: Die Wettbewerbshüter, die Wettbewerbsbehörde, muss mehr Biss bekommen.

Warum hat sie ihn noch nicht?
BARTENSTEIN: Ich bin in den letzten Monaten an Justizministerin Maria Berger gescheitert.

Hatten Sie zu wenig Biss?
BARTENSTEIN: Die Aufrüstung der Wettbewerbsbehörde betreibe ich seit 18 Monaten. Das Thema Inflation hat sich zum Jahresende 2007 mit dem massiven Anstieg angekündigt. Dieses Phänomen ist so alt noch nicht.

Haben Sie als Wirtschaftsminister zu lange zugeschaut?
BARTENSTEIN: Diesen Vorwurf weise ich zurück.

Aber Sie könnten für ein halbes Jahr die Preise amtlich regeln.
BARTENSTEIN: Es gibt dafür ein genau vorgegebenes Verfahren, an das ich mich zu halten habe. Es ist ja nicht so . . . auch wenn die Preiskommission wollte, was die Arbeiterkammer fordert, nämlich Einschau in die Betriebe halten, so kann sie es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Die Vorgangsweise, die die Arbeiterkammer möchte, wäre gesetzwidrig.

Was haben die Konsumenten von einer aufgerüsteten Wettbewerbsbehörde. Ist das nicht nur Kosmetik?
BARTENSTEIN: Die Wettbewerbshüter sollen einerseits mehr Abwehrmittel einsetzen dürfen als bisher, andererseits auch entscheiden, das heißt strafen dürfen.

Was erwarten Sie sich davon?
BARTENSTEIN: Das wird den Respekt der Wirtschaft und der betroffenen Branchen erhöhen. Es muss auch abgestellt werden, dass die Ölfirmen Preiserhöhungen sofort, Preissenkungen aber erst mit tagelanger Verzögerung an die Kunden weitergeben.

Zurück zur amtlichen Preisregelung. Ist das für Sie nun ein Thema?
BARTENSTEIN: Das wäre wirklich ein Zurück in die Nachkriegszeiten. Der Markt und der Wettbewerb sollen die Preise bestimmen.

Wäre so ein Rückschritt etwas so Schlimmes?
BARTENSTEIN: Sie können das Wohlstandsniveau von Österreich im Jahr 2008, einem der reichsten Länder der EU, nicht mit dem Nachkriegsösterreich vergleichen, als wir von einer Nahrungsmittelbewirtschaftung mit Lebensmittelmarken zu einer sozialen Marktwirtschaft gekommen sind. Die Marktwirtschaft ist die deutlich bessere Wohlstandsgrundlage als die Planwirtschaft.

Die Preissicherheit war damals aber stärker ausgeprägt als heute.
BARTENSTEIN: Das mag schon stimmen, wenn es amtlich festgelegte Preise gibt. Also, ich warne vor derartigen Markteingriffen, die auch europaweit einzigartig wären. Es hat sich auch im Nachhi

nein herausgestellt, dass preisgeregelte Güter über die Jahre in ihrer Preisentwicklung höher gelegen sind als nicht preisgeregelte. Also selbst in damaligen Zeiten war es rückblickend wahrscheinlich der falsche Weg.

Im Herbst kommt beim Gas der nächste Preisschub. Die Landesverteiler agieren nach eigenem Gutdünken. Wollen Sie eingreifen?
BARTENSTEIN: Das ist der dritte Punkt, die öffentliche Hand - nach Aufrüstung der Wettbewerbsbehörde und mehr Druck auf die Mineralölwirtschaft. Ich halte es für einen Skandal, wenn Wien als Vorreiter ab 1. September die Gebühren für Wasser, Müll und Kanal um 5,6 Prozent erhöhen möchte, wie in diesen Stunden durchgesickert ist. Auch die Gasversorger gehören zur öffentlichen Hand.

Wie wollen Sie denn Druck auf die öffentliche Hand ausüben?
BARTENSTEIN: Die ÖVP hat einen allgemeinen Gebührenstopp vorgeschlagen, der Koalitionspartner wollte oder konnte nicht mitgehen. Die Gebühren und Tarife liegen in der Verantwortung der Länder und Gemeinden. Was die Stromwirtschaft anbelangt, geht es um die Verantwortung der Eigentümer, da müssen diese handeln, die Landespolitiker für die Landesgesellschaften oder auch der Herr Bartenstein als Eigentümervertreter im Verbund.