Trifft sich die SPÖ-Spitze zu einer offiziellen Sitzung in ihrer Zentrale in der Wiener Löwelstraße, leitet selbstverständlich der Parteivorsitzende, Alfred Gusenbauer, die Diskussion. Gleich zu seiner Rechten sitzt jedoch Michael Häupl, der Bürgermeister von Wien. Dieser agiert dann gewöhnlich so, wie sich ein Chef während einer Sitzung nun einmal verhält: Er weiß schon vorher, was er will, hört sich aber einmal in aller Ruhe an, was die anderen sagen, fasst dann zusammen und zieht daraus einen Schluss, der sich mit dem deckt, was er ohnehin wollte. Und das wird dann offiziell beschlossen.

Thema Pension. So lief es auch vergangenen Sonntag ab, als das SPÖ-Präsidium diskutierte, ob sich die Pensionen künftig gemäß einer Rechenformel ändern sollen, wie es die ÖVP will, oder ob darüber stets politisch verhandelt wird. Am Ende einigte man sich auf den Vorschlag Häupls: Das Parlament soll das letzte Wort in dieser Frage haben, heißt seitdem die SPÖ-Position.

Gusenbauer beweist Stehvermögen. Und musste Gusenbauer bei der Sitzung Kritik einstecken, weil er dieser Pensionsautomatik zuvor doch eigentlich schon zugestimmt hatte?, fragten ihn Journalisten danach: "Auch wenn Sie es gerne hören würden", antwortete der Kanzler, "es hat keinen einzigen Kritikpunkt gegeben." Kein Wunder, Obmanndebatten führt man nicht in den Gremien, man führt sie, wenn der, um den es geht, nicht dabei ist. Die wievielte es ist, seit Gusenbauer die SPÖ vor acht Jahren übernommen hat, lässt sich nicht mehr zählen, zwei pro Jahr waren es mindestens.

Dicke Haut. Doch Gusenbauer bewies eine dicke Haut und Stehvermögen. Am Ende stellte sich Häupl doch immer wieder vor seine Erfindung, schließlich hatte er 2000 die Idee geboren, den Hinterbänkler aus Niederösterreich auf den Vorsitz zu hieven. Am Sonntag sagte Häupl auf die Frage, wie denn sein Verhältnis zu Gusenbauer sei, grantig: "Ganz normal. Er ist mein Bundesparteivorsitzender und das war es." Euphorische Loyalitätsbekundungen klingen anders.

Szenario. Wie lange Gusenbauer SPÖ-Chef bleibt, hängt also in erster Linie von Häupl ab. In der Wiener SPÖ macht dieses Szenario die Runde: "Jetzt genießt er erst einmal die Euro, dann fährt er auf Urlaub in die Toskana und dann macht er mit dem Gusi kurzen Prozess", sagt einer aus Häupls Team: "Anfang August haben wir einen neuen Kanzler oder einen neuen Parteichef oder beides."