Es ist bereits das zweite Mal, dass Witali Klitschko um das Amt des Stadtchefs von Kiew in den Ring steigt. Das erste Mal - es war im März 2006 - hat er nach Punkten gegen Leonid Tschernowezkyj verloren. Mit 29 Prozent der Stimmen punktete der politische Quereinsteiger zwar ganz beachtlich, sein Gegner errang aber um fünf Punkte mehr. Und diese reichten, um Bürgermeister zu werden. Klitschko ist seitdem Mitglied des Stadtparlament.

Boxer als Politiker? "Kann ein Boxer ein guter Politiker sein?" - das ist die Frage, die die Menschen bewegt, wenn sie von Klitschkos Info-Stand Prospekte entehmen. Die Antwort seiner Fans lautet: "Er ist jung und dynamisch, Premierminister und Präsidenten in der ganzen Welt kennen ihn und die Ukraine kann stolz auf ihn sein."

Zweifel. Ob Klitschkos Popularität freilich reicht, um die Probleme der Stadt zu beseitigen, bezweifeln vor allem ältere Wähler. Und diese sind nicht gering, gilt es doch den mörderischen Verkehr einzudämmen, die marode Kanalisation zu erneuern, Kränkenhäuser zu sanierten und Kindergärten und Schulen zu errichten. Unter den drei Millionen Einwohnern ist ein ganzes Heer von sozial Schwachen, darunter viele Kleinrentner. Sie werden aller Voraussicht dem amtierenden Stadtoberhaupt Tschernowezkyj ihre Stimme geben. Denn er ist ein seltsame Mischung aus Robin Hood und Multimillionär, der mit einer Privatbank ein Vermögen machte. Er war einer der ersten, der in der Ukraine eine Luxuslimousine vom Typ Maybach fuhr.

Sozialprogramm. Auch wenn Tschernowezkyj sich äußerlich als Turbokapitalist gibt - er weiß genau, was er seinen Wählern schuldig ist. Und so sichert er seine Macht mit einem üppigen Sozialprogramm. Er zahlt Armen Sozialhilfe, unterhält Suppenküchen für Obdachlose und er lässt Grieß und Öl verteilen.

Kampf gegen Korruption. Klitschko weiß freilich auch, wo er ansetzen muss, um bei den Wählern nicht nur als brutaler Schläger, sondern intelligenter Kämpfer dazustehen: bei der Korruption. Denn sein Gegner wird mit zahlreichen Immobilienaffären in Zusammenhang gebracht. Wer Klitschko, der zeitweise auch in Hamburg lebt, im ersten Stock des Kiewer Einkaufzentrums "Mandarin Plaza" besucht, der sieht sich einem Mann gegenüber, der von Pokalen und Siegesfotos geradezu eingerahmt ist. Und der wenig Zeit hat: Rasch kommt der 36-Jährige auch auf seine Vision zu sprechen: "Ich will die Korruption ausradieren und so Kiew zu neuem Glanz führen."

Prominente Unterstützung. Dafür hat er sich einen wahrlich prominenter Unterstützer geholt: den New Yorker Ex-Bürgermeister Rudolph Giuliani. Dieser ist durch sein Krisenmanagement im Big Apple nach den Terroranschlägen von 2001 berühmt geworden. Als er kürzlich in Kiew auftauchte, sagte er: "Als ich 1993 zum Bürgermeister von New York gewählt wurde, hatten wir dieselben Probleme wie heute Kiew: eine hohe Kriminalitätsrate und überall Korruption." Sollte Klitschko heute gewinnen, wird er Giuliani als Berater engagieren. Wenn Vitali Klitschko heute verliert, so fightet er weiter: "Ich kann auch in ein paar Jahren noch einmal kandidieren - ich habe die politische Karriere als 36-Jähriger noch vor mir." Fighten möchte Klitschko auch im Ring. Ein Duell mit dem aktuellen WBC-Champion Samuel Peter aus Nigeria ist für den Herbst geplant.