Die Neuauflage der großen Koalition sieht mit jedem Tag älter aus. Am Mittwoch traten der rote Bundeskanzler Alfed Gusenbauer und sein schwarzer Vize nach dem Ministerrat nicht einmal mehr gemeinsam vor die Journalisten, sondern jeder für sich, so wie es ihre Vorgänger in den Neunzigerjahren gehalten hatten.

Zuerst der Kanzler. Man habe sich nicht einigen können, ob die Steuerreform nun schon 2009 oder doch 2010 kommen werde, "aber die öffentliche Diskussion darüber wird weitergehen“, sagt Gusenbauer, denn: "Landauf, landab fordert die Bevölkerung eine Entlastung." Immer wieder versucht er, die ÖVP als "Nein-sager-Partei" zu punzieren.

Dann der Vizekanzler. Molterers Spruch zum Tag: "Wer den richtigen Schritt vor dem falschen macht, der stolpert." Seine Lieblingswörter: Die "Zusammenarbeit", zu der die ÖVP bereit sei, und die "Eskalation", die der Gegner SPÖ betreibe.

"Molterer-Fünfziger". Ebenfalls nicht einigen konnten sich die beiden Parteien über folgende Frage: Wie gleicht die Regierung die steigenden Preise für Essen und Energie aus? Die SPÖ will 1,2 Millionen Haushalten einmal hundert Euro überweisen. Die ÖVP will etliche Gebühren nicht erhöhen. Dann kommt die Volkspartei den Sozialdemokraten entgegen: Erleichterungen für kleine Mieter und einmal 50 Euro für jene 166.000 Österreicher, die von ihrem Bundesland einen Heizkostenzuschuss bekommen. Also ein Molto-Fünfziger an Stelle des Gusi-Hunderters. Die SPÖ lehnt den Kompromiss ab: Zu wenig Geld für zu wenige Menschen und der Bund könne schlecht kontrollieren, was die Länder mit dem Geld wirklich machten.

Neuwahl oder doch nicht. Den Rest des Tages waren Rot und Schwarz wieder damit beschäftigt, einander zu unterstellen, der jeweils andere wolle demnächst, im Herbst, nächsten März wählen lassen. Das jüngste Gerücht: Die SPÖ gehe nach dem "Modell 71" vor. 1971, nach einem Jahr Minderheitsregierung, beschloss Bruno Kreisky mit den Freiheitlichen am letzten Plenartag vor den Sommerferien noch einen Haufen Gesetze, dann lösten die beiden Fraktionen den Nationalrat auf, im Oktober wurde neu gewählt.

"Geht mit auf den Keks". SPÖ-Bundesgeschäftsführer Josef Kalina sagt dazu belustigt: "Damals war ich 13 Jahre alt und habe mich noch nicht für politische Strategien interessiert. Aber, danke für die Anregung." Der Wiener SPÖ-Bürgermeister lässt ausrichten: "Ich fürchte Wahlen grundsätzlich nicht, und kein Demokrat soll Wahlen fürchten." Den Nerv des Publikums trifft ÖVP-Minister Johannes Hahn, wenn er sagt: "Mit geht das alles schon so auf den Keks" ."