Sie sind jetzt Manager eines Investmentfonds in Chile. Wie viele Millionen haben Sie dafür in Österreich schon eingesammelt?

ALFRED GUSENBAUER: Es geht nicht alleine um den Finanzmarkt. Wir wollen auch Technologieinvestoren gewinnen. Chile hat hohe Einnahmen aus dem Rohstoffverkauf, einen Teil davon stellen sie zur Verfügung, um einen öffentlichen Leverage für private Investoren zu bieten. Im Grunde geht es nicht um reine Finanzanlagen, sondern um Technologietransfer.

Wie fühlt sich ein ehemaliger SPÖ-Bundeskanzler in einem Kerngeschäft des Kapitalismus?

GUSENBAUER: Ich mache ausschließlich solide Investitionen in die reale Wirtschaft. Wir schaffen echte Arbeitsplätze und nicht hybride Finanzprodukte.

Welche Verbindung besteht zwischen Ihrem Fonds und dem Glücksspielkonzern Novomatic?

GUSENBAUER: Da besteht gar keine Verbindung. Es stimmt, dass mein Vize-Präsident Rudolf Binder mit Novomatic in Chile ein Joint-Venture hat, aber das hat mit unserem Fonds nichts zu tun.

Ihnen winkt möglicherweise ein weitaus spannenderer Job als "EU-Außenminister". Hat Manuel Jose Barroso Sie schon angerufen?

GUSENBAUER: (Lacht) Also, erstens entscheidet der das nicht, sondern die europäischen Staats- und Regierungschefs. Zum Zweiten ist es aber richtig, dass mich viele Freunde in Europa angesprochen haben, die mich gern in dieser Position sehen würden.

Als "EU-Außenminister", würden sie auch wieder einen Leserbrief an Hans Dichand schreiben?

GUSENBAUER: Der Brief ging an alle Redaktionen. Bei der damaligen EU-Skepsis müssten weitere große EU-Verträge mit dem Volk abgestimmt werden. Auch wenn die Stimmung krisenbedingt besser ist, ich würde es jetzt wieder tun.

Wie fanden Sie den Intrigenstadel um die Bestellung des EU-Kommissars Gio Hahn?

GUSENBAUER: Die Innenpolitik kommentiere ich nicht. Aber wie man weiß, gibt es in der Politik nichts schöneres den Streit um Posten. Das ist das Salz für die Politik und auch für die Medien.

Wissenschaftsminister Hahn hinterlässt seinem Nachfolger ein Trümmerfeld. Wie sehen Sie die aktuellen Studentenproteste?

GUSENBAUER: Wäre ich Student, würde ich auch protestieren und zur Demo gehen. Wir brauchen mehr Studenten und mehr Absolventen, das geht nur unter besseren Studienbedingungen.

Sie unterrichten an der Brown University und der Columbia University, zwei amerikanischen Elite-Unis: Was sagt der Vergleich?

GUSENBAUER: Das Studium an diesen privaten Unis ist ein großes Privileg. Solche Bedingungen kann man vom Staat gar nicht einfordern. Unsere Universitäten müssen eine breite, qualitätsvolle Bildung anbieten. Spitzenunis

können nur als Ergänzung zum System bestehen. EU-weit könnte ich mir ein Netz aus etwa 18 Elite-Einrichtungen vorstellen, um die Abwanderung von Talenten in die USA zu verhindern.

Reichen die Bildungsausgaben?

GUSENBAUER: Experten sagen mir, dass man in den nächsten fünf Jahren jeweils 120 Millionen Euro zusätzlich in die Unis investieren sollte. Ich halte das für das Budget verkraftbar. Bildung ist die wichtigste Zukunftsinvestition ist. Das ist nachhaltiger, als in die die Konsumgüterproduktion zu investieren.

Für Zugangsbeschränkungen?

GUSENBAUER: Ich verstehe die Beschränkungen in der Medizin, es hat keinen Sinn, jeden zuzulassen, wenn es nicht ausreichend Laborplätze gibt. Aber eigentlich sind Zugangsbeschränkungen ein Ausdruck des Mangels. Solange wir immer noch zu wenig Studenten und Absolventen haben, sollte man vielmehr überlegen, wie man das Angebot an den Universitäten verbessern kann.