Barack Obama verzichtet auf das Raketenschild in Osteuropa. Das teilte der US-Präsident am Donnerstag in Washington mit. Diese Entscheidung bildet den größten Schritt zur Abkehr von der Sicherheitspolitik seines Vorgängers George W. Bush. Bush habe recht gehabt mit seiner Einschätzung, dass Irans Raketenprogramm eine große Gefahr darstelle, sagte Obama. Aber neue Analysen hätten gezeigt, dass die Gefährdung des Irans andere Systeme brauche, die an anderen als den bisher vorgesehenen Orten stationiert seien.

Gemäß dieser Entscheidung wird auf die Radaranlage in Tschechien und auf Abwehrraketen im polnischen Pommern verzichtet. An deren Stelle plant die USA nun Abwehranlagen, die auf Kriegsschiffen und an anderen Orten in Südeuropa und in der Türkei stationiert sein werden.

Die Entscheidung enttäuschte die Regierungen der beiden betroffenen Länder. "Das ist eine Katastrophe für Polen", sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums in Warschau. Tschechiens Ministerpräsident Jan Fischer teilte mit, dass ihn Obama persönlich angerufen habe, um ihn in Kenntnis zu setzen. "Wir waren uns bewusst, dass eine solche Entscheidung möglich sei", sagte Fischer.

Auch republikanische Sicherheitspolitiker in den USA zeigten sich geschockt. "Polen und Tschechien haben ihre Soldaten an der Seite unserer Truppen nach Irak und Afghanistan geschickt", sagte Senator Jon Kyl.

"Die heutige Botschaft ist klar: Die USA stehen nicht hinter ihren Freunden. Die Beziehungen zu Russland sind wichtiger."

Balsam für Russland

Russland begrüßte in der Tat den Schritt Obamas. Der Kreml hatte angekündigt, dass die Zahl und die Stationierungsorte der eigenen Raketen angepasst würden, wenn das Schild installiert sein würde. Ziel sei es, mit den eigenen Raketen denen der USA in der Region überlegen zu sein. "Die Bush-Pläne für eine Raketenabwehr waren eine Provokation für die Sicherheit Europas", sagte der russische Nato-Botschafter Dmitri Rogosin.

Mit der Entscheidung stärke Obama seine Stellung in den Verhandlungen mit Russland, sagte Karel Schwarzenberg. Der ehemalige tschechische Außenminister hatte den Stationierungsvertrag mit Washington ausgehandelt. "Die USA wollen, dass Russland seinen Einfluss auf den Iran geltend mache, so dass Teheran auf Atomwaffen verzichtet."