PRÖLL: Soll das mehr lustig werden oder ernst?

Lustig und ernst. Aber fangen wir lustig an: Wir fragen Sie nicht, ob Sie Bundespräsident werden wollen.

PRÖLL: Sie sind wirklich gescheite Journalisten. Das ist schon ein gutes Entreè.

Wir gehen einfach davon aus und fragen Sie deswegen: Was ist an diesem Amt so interessant?

PRÖLL: Warum fragen Sie mich? Ich glaube, die Frage stellt sich nicht, was an diesem Amt interessant ist, sondern, was muss man als Amtsträger aus diesem Amt machen. Was schreibt die Verfassung vor . . .

. . . . das ist nicht viel.

PRÖLL: Das ist auch eine Frage des persönlichen Stils jener Persönlichkeiten, die dieses Amt auszufüllen haben.

Wir kennen Ihren Stil als sehr offen, direkt, kämpferisch. Alles Qualitäten, die im Bundespräsidentenamt nicht so gefragt sind. Einer hat es probiert und ist ziemlich gescheitert.

PRÖLL: Meinen Stil kennen Sie wahrscheinlich nur peripher.

Aus den Medien.

PRÖLL: Nachdem Sie selber aus den Medien kommen, wissen Sie, was Sie aus einer derartigen peripheren Kenntnis ableiten sollen oder dürfen. Es ist auch nicht die Frage, was ich persönlich für einen Stil pflege. Die Frage ist, welcher Stil in einer Zeit wie der jetzigen gefragt ist und dem Staatsganzen am besten tut.

Was fehlt bei Fischer?

PRÖLL: Ich bin nicht bereit, von St. Pölten aus den Oberlehrer für den Bundespräsidenten zu spielen. Das kommt überhaupt nicht in Frage.

Also dann: wie stellen Sie sich einen Bundespräsidenten vor?

PRÖLL: Ich kann es nur mit Persönlichkeiten beschreiben. Ich glaube, dass Männer wie ein Bundespräsident Kirchschläger, ein Bundespräsident Weizsäcker in Deutschland oder jetzt Köhler ihr Amt so führen, dass man sagen muss, das ist Autorität im positiven Sinne. Da können Menschen aufschauen und sich an den Vorgaben orientieren.

Das passiert zu wenig?

PRÖLL: Das habe ich nicht zu beurteilen. Das überlasse ich Ihnen beziehungsweise der Bevölkerung. Wissen Sie, was mich nachdenklich stimmt? Dass immer mehr darüber diskutiert wird, ob man überhaupt noch einen Bundespräsidenten braucht.

Und, braucht man ihn?

PRÖLL: Ich gehe davon aus, dass die Gründungsväter der österreichischen Verfassung sich dabei etwas gedacht haben. Ich glaube auch, dass es im Auf und Ab der Geschichte der Republik immer wieder Phasen gegeben hat, wo ein klares Wort durch die Autorität des Bundespräsidenten zumindest zum Aufhorchen geführt hat. Denken Sie an die Äußerung vom Trockenlegen der sauren Wiesen von Bundespräsident Kirchschläger. Da hat man einfach gemerkt, das ist eine Persönlichkeit, eine Autorität, die über den Dingen steht, die sich ernsthaft Sorgen macht und daher warnend das Wort erhebt.

Vermissen Sie das?

PRÖLL: Ich sage noch einmal: Alleine das Faktum der Diskussion, ob man das überhaupt noch braucht oder nicht, lässt ja tief blicken und auch Rückschlüsse ziehen.

Sie sind ein aktiver, rühriger Politiker, der gestalten will, der gerne Macht hat und sie auch ausübt. Im Amt des Bundespräsidenten - was können Sie da gestalten?

PRÖLL: Darf ich Sie bitten: Gehen Sie weg von mir als Person.

Gut, fragen wir so: Welchen Sinn hat es für die ÖVP, viel Geld zu investieren in einen aussichtslosen Kampf gegen einen amtierenden Bundespräsidenten?

PRÖLL: Ich bin überzeugt davon, eine Beschädigung für die ÖVP wäre es, würde sie, wie auch immer die Konstellation aussieht, keinen Kandidaten stellen.

Warum?

PRÖLL: Egal, ob Fischer wieder kandidiert oder nicht, ist zu er

warten, dass der Großteil der übrigen Parteien einen Kandidaten stellen wird. Davon gehe ich aus.

Die Grünen haben nicht viel Geld, die FPÖ ist fast bankrott.

PRÖLL: Ich glaube schon, dass man eine Demokratie nicht auf's Geld aufbauen darf. Ich gehe davon aus, dass wir alle ein Interesse an demokratischer Konkurrenz haben, gerade im Hinblick auf das höchste Amt im Staat. Ich halte es für sehr realistisch, dass es bei dem nächsten Wahlgang zu einer Stichwahl kommt, wenn die Freiheitlichen, vielleicht auch die Orangen und die ÖVP einen Kandidaten aufstellen. In einer Stichwahl ist alles offen, davon bin ich überzeugt. Eine Partei, die eine staatstragende Partei sein will, kann und darf sich aus einem solchen Wahlgang nicht ausklinken.

Das gab es doch schon.

PRÖLL: Wir haben jetzt eine andere Zeit. Ich glaube, die ÖVP schickt sich an, auf Bundesebene die Nummer-1-Position zu vertiefen und hat nur eine Chance, wenn sie auf breitester Ebene zeigen kann, dass sich die Bevölkerung auf sie verlassen kann. Punkt zwei: Ich halte es für undenkbar, dass in einem derartigen Wahlkampf die ÖVP vollkommen absent ist. Punkt drei: In einer Stichwahl kommt es letztendlich zu einer Konkurrenz zwischen dem bürgerlichen Lager und links. Die SPÖ stilisiert die Bundespräsidentenwahlen mittlerweile zu einer Entscheidungswahl hoch. Daher die Nervosität.

Dann stellen wir uns vor: Der ÖVP-Kandidat gewinnt und dann sind Nationalratswahlen. Der Österreicher neigt dazu, ein Gleichgewicht schaffen zu wollen.

PRÖLL: In der Zeit von Kreisky hat es das schon gegeben, dass Bundespräsident und Bundeskanzler in einer Hand waren. Das ist auch jetzt der Fall. Ich glaube, dass die ÖVP stark genug ist, auch in einer derartigen Situation zu obsiegen. Wenn es zu einer Stichwahl kommt, ist das Rennen offen.

Da hängt es dann ganz vom ÖVP-Kandidaten ab?

PRÖLL: Na sicher.

Fällt Ihnen jemand dazu ein?

PRÖLL: Personalangelegenheiten sind Chefsache, so einfach ist das. Ich kenne eine Reihe von Persönlichkeiten in der ÖVP, die in einer Stichwahl obsiegen könnten.

Namen?

PRÖLL: Sie sind klug genug um zu wissen, jeder Name, der genannt wird, ist schon tot. Die Parteiführung sagt, sie hat noch Zeit.

Sie haben gesagt, die Entscheidung treffen Sie, sonst niemand.

PRÖLL: Ja, was meine Person anlangt. Das war immer so und das wird auch so bleiben. Ich lasse mir gerade in solchen Entscheidungen von niemandem etwas aufzwingen. Sie haben von mir noch nie gehört, dass ich kandidiere, Sie haben auch nicht gehört, dass ich nicht kandidiere.

In der ÖVP ist Meinungsbildungsprozess über eine Kandidatur noch nicht abgeschlossen.

PRÖLL: Meiner ist abgeschlossen. Was andere Persönlichkeiten meinen? Da muss man unterscheiden, welche Persönlichkeiten. Am Klügsten melden sich in der Öffentlichkeit immer die zu Wort, die in Wahrheit noch nie selber eine Wahl geschlagen haben, sondern sich im Sog von anderen in hohe und höchste Ämter schwemmen und tragen haben lassen. Man muss schon wissen, wer in einer Partei etwas sagt mit entsprechendem Gewicht.

Das Argument ist, Herr Fischer ist so populär, dass es ein risikoreiches Match für die ÖVP wäre.

PRÖLL: Die Frage der Popularität ist natürlich eine relative.

Das Argument ist, gegen Fischer hat kein ÖVPler eine Chance.

PRÖLL: Ich bin anderer Meinung, aber das ist egal.

Im Weinkeller in Radlbrunn haben Sie mit Faymann ausgedealt, Fischer kandidiert nicht mehr?

PRÖLL: Erstens, ich war mit dem Herrn Bundeskanzler noch nie in einem Weinkeller, schon gar nicht in Radlbrunn, und zweitens: Ein Erwin Pröll dealt nicht in einem Weinkeller.

Haben Sie Gespräche geführt und Verabredungen getroffen?

PRÖLL: Dass der Herr Bundeskanzler und ich in den vergangenen Jahren in regelmäßigen Abständen miteinander konferiert haben, offiziell und inoffiziell, das liegt auf der Hand. Solche Gespräche haben es aber in sich, dass die Inhalte nicht in die Öffentlichkeit getragen werden.

Sie sind der erfolgreichste Landeshauptmann, sehr populär . . .

PRÖLL: Wollt's noch einen Kaffee? Ich habe schon anderes bei Euch gelesen.

In Südösterreich haben Sie eben den Ruf des Semmering-Tunnel-Verhinderers.

PRÖLL: Wenn ich in der Steiermark populärer wäre als in Niederösterreich, dann müsste ich nachdenken, was ich falsch gemacht habe. Das stimmt schon, dass gerade die Frage des Semmerings in den vergangen Jahren starke Irritationen ausgelöst hat. Mittlerweile ist die Ebene mit der Steiermark, mit dem LHstv. Schützenhöfer eine vollkommen andere geworden.

Wird es den Tunnel also geben?

PRÖLL: Nach menschlichem Ermessen ist das auf guter Schiene.

Er könnte nur noch aus technischen Gründen scheitern?

PRÖLL: So ist es.

Wir leben in einer Harmonie-Republik. Sagen Sie uns bitte noch irgendetwas Kantiges.

PRÖLL: Den Journalisten muss ich etwas sagen. Man weiß ja nicht, wie man es Euch recht machen soll. Wird heftig diskutiert, ist es Streit, wird freundlich diskutiert, nennt Ihr es Kuschel-Kurs. Daher ist es am gescheitesten, man macht es so wie ich: Ich tue das, was ich für richtig halte.