Die Sommerferien von Silvio Berlusconi waren dieses Jahr auffällig kurz. Nur wenige Tage zog sich der italienische Ministerpräsident in seine Luxusvilla auf Sardinien zurück, in der Hoffnung, der Rummel um sein buntes Privatleben würde sich legen.

Braungebrannt und lächelnd ließ sich der extrovertierte Medienzar und Milliardär mit seinen fünf erwachsenen Kindern und vier Enkelkindern im Park der Sommerresidenz fotografieren, um der Öffentlichkeit zu zeigen, dass die Beziehung zu seinen Sprösslingen trotz der Scheidung von seiner zweiten Ehefrau Veronica Lario unangetastet geblieben ist.

Berlusconis Rachezug gegen Medien

Das friedliche Bild Berlusconis als glücklicher Familienpatriarch mit Enkeln auf dem Schoß hielt jedoch nicht lange. Der 72-jährige Regierungschef ist seit einer Woche wieder in Rom und hat eine scharfe Herbst-Kampagne gegen seine politischen Gegner und die Medien in die Wege geleitet. Berlusconi will sich an den regierungskritischen Medien rächen, die ihn wegen der Skandale rund um Callgirls und wilde Partys international in Misskredit gebracht haben und macht mit seinen Angriffen nicht einmal vor dem Vatikan und der EU-Kommission halt.

Die Gegenoffensive Berlusconis begann vergangene Woche in den schärfsten Tönen. Nachdem internationale Medien monatelang ausführlich über seine Sexaffären berichtet hatten, verklagte der Ministerpräsident eine Reihe italienischer und europäischer Tageszeitungen auf Entschädigung. Eine Million Euro verlangt der Medienzar von der regierungskritischen Tageszeitung "La Repubblica". Hintergrund der Schadensersatzklage Berlusconis sind die jeden Tag von dem römischen Blatt in einem Kasten veröffentlichten "zehn Fragen" an den Regierungschef, die dieser für diffamierend hält. Dabei geht es unter anderem um die angebliche Affäre des Regierungschefs mit der minderjährigen Schülerin Noemi Letizia.

Auch ausländische Medien bekommen Klage

Zwei Millionen Euro verlangt Berlusconi dazu von der linken Tageszeitung "L'Unitá". Zu den Blättern, die der wegen seiner Schwäche für das weibliche Geschlecht bekannte "Cavaliere" vor den Kadi bringen will, gehören unter anderem die britischen Zeitungen "Times", "Guardian" und "Independent", "El Pais" in Spanien und der französische "Nouvel Observateur".

In seinem Zorn nimmt Berlusconi nicht einmal mehr auf katholische Blätter Rücksicht, die ihn wegen seines undurchsichtigen Privatlebens wiederholt auf die Finger geklopft hatten. Die zu Berlusconis Medienimperium gehörenden Zeitung "Il Giornale" veröffentlichte letzten Freitag einen persönlichen Angriff auf den Chefredakteur der katholischen Zeitung "L'Avvenire", Dino Boffo. "Il Giornale" berichtete über Justizprobleme Boffos. Dieser habe laut dem Blatt 2004 der Ehefrau seines homosexuellen Freundes wiederholt gedroht und war deshalb zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt worden.

Empörung im Vatikan

Der Bericht löste helle Empörung im Vatikan aus. Berlusconi distanzierte sich zwar von dem Artikel, die katholische Bischofskonferenz CEI reagierte dennoch mit Entrüstung. Ein geplantes Treffen zwischen Berlusconi und dem vatikanischen Staatssekretär Tarcisio Bertone wurde abgesagt. Domenico Mogavero, CEI-Verantwortlicher für juristische Angelegenheiten, sprach von einer "mafiösen Warnung" Berlusconis, um Boffo zum Schweigen zu bringen.

Berlusconi macht auch nicht vor der EU-Kommission Halt, die Bedenken über die Einwanderungspolitik seines Kabinetts geäußert hatte. Berlusconi forderte am Dienstag, nachdem die EU-Kommission von Rom Informationen zur Abschiebung von Einwanderern nach Libyen verlangt hatte, dass sich die Sprecher der EU-Kommissare und die Kommissionsmitglieder nicht mehr öffentlich zu europäischen Themen zu Worte melden sollten.

Die Opposition hat inzwischen auch das Kriegsbeil ausgegraben. Berlusconi müsse sich einer psychiatrischen Untersuchung unterziehen, bevor er das Land weiter regieren dürfe, forderte etwa der frühere Star-Staatsanwalt Antonio Di Pietro am Dienstag. "Er steht mit der ganzen Welt auf Kriegsfuß."

Und Oppositionschef Dario Franceschini ortet Größenwahn und eine Bedrohung der Medienfreiheit: "Da er die Wahlen gewonnen hat, meint Berlusconi, er sei Herr über den italienischen Staat. Er duldet keine Kritik. Die jüngsten Attacken gegen die Pressefreiheit sind eine wahre Einschüchterungsaktion." Jetzt gehen die Journalisten gegen Berlusconi auf die Straße. Die Journalistengewerkschaft FNSI hat für den 19. September zu einer Großkundgebung in Rom für die Pressefreiheit in Italien aufgerufen.