Alle Vergleiche hinken. Warum? Weil es auf die Vergleichsgröße ankommt. Das gilt vor allem für die Chancen der FPÖ in den anstehenden Landtagswahlen. Diese sind gut bis ausgezeichnet. Grund dafür sind jedoch die vergleichsweise schlechten Wahlergebnisse nach dem Parteitag in Knittelfeld 2002 bis zur blau-orangen Parteispaltung 2005.

Die FPÖ ist in Vorarlberg, wo in vier Wochen gewählt wird, 2004 auf 13 Prozent abgestürzt. Egal, welches Resultat für die FPÖ am 20. September herausschaut, es kann nur besser werden. Also wird man sich als großer Sieger präsentieren. Trotzdem landen die Blauen bestenfalls da, wo die Partei 1994 und 1999 - mit damals 27 Prozent - schon war. In Oberösterreich wird sich eine Woche später dasselbe Spiel wiederholen: Blamable acht Prozent von 2003 zu übertreffen, das sollte für den wenig profilierten Manfred Haimbuchner als Spitzenkandidat keine große Kunst sein. Die über 20 Prozent von 1997 dürften es freilich nicht werden.

Noch leichter sollte der FPÖ 2010 ein relativer Erfolg in der Steiermark fallen. Weil derzeit nicht im Landtag vertreten, lässt sich mit dem gesicherten Wiedereinzug jedes Ergebnis als Triumph verkaufen. Da macht es wenig, dass Parteiobmann Kurzmann beim Bekanntheitsgrad mit der Wahrnehmungsgrenze kämpft. 17 Prozent wie 1995 sind allerdings Wunschdenken. Dasselbe gilt für das Burgenland, wo die Blauen mit dem bundesweit unbekannten Johann Tschürtz 2005 am Hinausfliegen vorbeischrammten. Die Mindesthürde von vier Prozent wird beim nächsten Mal kein Problem sein. Doch 1996 und 2000 hatte man mehr als dreimal so viele Stimmen.

Kaum Chance auf Wiener Bürgermeisteramt

In Wien wird Heinz-Christian Strache kaum Bürgermeister werden, doch versucht er in Richtung 30 Prozent zu marschieren. Was bloß die ungefähre Einstellung des Parteiergebnisses von 1996 wäre. Das strategische Dilemma der FPÖ ist dennoch nur die Bundespräsidentschaftswahl im nächsten April. Sollte es zum Gigantenduell von Heinz Fischer und Erwin Pröll kommen, gibt es für FPÖ-Bewerber nichts zu holen. Der Verzicht auf einen Kandidaten kommt auch nicht in Frage, weil die Partei monatelang medial weg vom Fenster wäre. Das bisherige Namensspiel - Norbert Gugerbauer, Reinhart Waneck oder Wilhelm Brauneder - erschöpft sich daher in der verzweifelten Suche nach Ex-Klubobleuten, -Staatsekretären und -Nationalratspräsidenten, die nach langer Auszeit wenige kennen.

Bundespräsident wird nur der Erstplatzierte, doch ist es für die FPÖ nicht egal, wer mit wie vielen Prozentpunkten Rückstand Dritter wird. Bei einem zu tiefen Fall, unter die 18 Prozent der Nationalratswahl oder als Vierter hinter Alexander van der Bellen als Grün-Kandidat, hat das negative Symbolwirkung. Das Blatt würde sich wenden, falls die ÖVP auf eine Kandidatur verzichtet. Dann kann Strache selbst antreten, weil plötzlich eine respektable Stimmenzahl und eine Ansprache bislang unerreichter Proteststimmen aus dem bürgerlichen Lager möglich ist.

Die FPÖ ist Strache

Apropos Strache. Der personelle Spielraum der Partei reduziert sich auf ihn. Ein paar Medienauftritte von Andreas Mölzer zu EU-ropäischen Wahlzeiten und der Generalsekretäre Herbert Kickl und Harald Vilimsky sind kein Mehrwert im Wahlwettbewerb. Der Rest - vom Obmann-Stellvertreter Norbert Hofer abwärts - ist nur Insidern ein Begriff. Dass die Partei mit Hans Weixelbaum zudem einen Bundesgeschäftsführer hat, wissen oft nicht einmal diese.

Die Leistung der FPÖ und Straches war es hingegen, nach Abwanderung der Parteispitze und meisten Mandatare in Richtung BZÖ mit Ausnahme Kärntens ihre Länderorganisationen zu erhalten. Dadurch gab es eine strukturelle Basis, um konkurrenzfähig zu bleiben. Da benötigt eine führungsorientierte Partei keine zweite Reihe. Strache ist heimlicher Frontmann, egal wer formell die Parteiliste einer Wahl anführt. Nur die Nicht-Existenz im Süden schmerzt. In acht Bundesländern lag man 2008 zwischen 16 und 20 Prozent, in der BZÖ-Hochburg waren es weniger als acht Prozent. Bei der Landtagswahl 2009 folgten peinliche 3,7 Prozent.

Genügend Proteststimmen

Überall sonst verschaffen Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit der FPÖ genug Proteststimmen. Hauptbetroffener ist die SPÖ - mit einem Negativsaldo von 160.000 Stimmen im rot-blauen Wähleraustausch 2008 - bei den Arbeitern ohne Fachausbildung. Von der ÖVP könnte es aus FPÖ-Sicht noch etwas mehr sein. Thematisch muss die FPÖ dafür nicht viel tun. Es genügt, jede Maßnahme der Regierung als schlecht zu bezeichnen, meistens aufgrund angeblicher Zusammenhänge mit Ausländern. FPÖ-Anhänger stellt sich nicht die Frage, ob ihre Partei Arbeitsplätze retten, das Schulsystem verbessern oder das Gesundheitswesen sanieren könnte. Als Oppositionspartei im Bund und allen Bundesländern müssen Strache & Co keinen Wahrheitsbeweis antreten. Es genügt inhaltliche Schwächen der rot-schwarzen Minister und ihrer Parteien zu nutzen. Erst beim Regierungseintritt würde das beschränkte FPÖ-Personalreservoir zum Bumerang.

Vorher kommt es 2011 und 2012 für die FPÖ zu den Mühen der Ebenen. Zwei Jahre lang findet plangemäß keine Wahl statt. Für Fundamentaloppositionelle eine lange Durststrecke. Spätestens nach der Nationalratswahl 2013 könnte sich das Problem ergeben, was eigentlich erreicht wurde. Wird die SPÖ-ÖVP-Koalition fortgesetzt, erleichtert das die Wahlkämpfe der FPÖ. Politisch gestalten kann diese auf absehbare Zeit wenig. Kurzfristig passt das in die blaue Strategie der Maximierung des Protestpotentials. Langfristig braucht es viel Geduld, um immer dagegen zu sein.