Sie kämpfen für eine soziale Union. Wollen Sie europaweit einheitliche Sozialstandards?
HANNES SWOBODA: Wichtig ist, dass Österreich seine erworbenen Rechte behält. Es darf keine Nivellierung nach unten geben.

Gut, aber eine Nivellierung nach oben bringt die ärmeren Ländern ja wirtschaftlich um.
SWOBODA: Wir müssen uns davon verabschieden, es muss alles gleich in der EU umgesetzt werden. Es gibt ja auch Unterschiede im Lohnniveau zwischen Vorarlberg und Wien. Die Österreicher wollen ihre Standards halten, und das soll die EU zur Kenntnis nehmen. Diese Standards dürfen nicht durch Zuwanderung oder eine Interpretation der Entsenderichtlinie, die Österreich benachteiligt, geändert werden.

War es ein Fehler, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beginnen?
SWOBODA: Vielleicht war es aus heutiger Sicht ein Fehler. Jetzt die Verhandlungen munter fortzusetzen, wäre in jedem Fall ein Fehler. Ich halte es für äußerst problematisch, den Türken sowie den Österreichern gegenüber was zu verhandeln, wo ich weiß, damit kommen wir nicht zu Rande.

Aber der Balkan soll aufgenommen werden?
SWOBODA: Ja, aber in der künftigen Legislaturperiode bis 2014 kommen noch ein, höchstens zwei Länder dazu. Kroatien um 2012, eventuell auch Mazedonien.

Die SPÖ mokiert sich darüber, dass es zwischen Strasser und Karas nicht ganz rund läuft. Bei der Frage des EU-Kommissars sind Sie anderer Meinung als Parteichef Werner Faymann.
SWOBODA: Nein, wir mokieren uns nicht über Strasser und Karas. Die Bestellung des Kommissar sollte vom Ergebnis der Wahlen am Sonntag abhängig gemacht werden. Dr Kommissar ist keine Erbpacht der ÖVP. Wenn wir die stärkste Fraktion werden, dann sollte die ÖVP nicht automatisch den Kommissar stellen. Dann sollte die SPÖ zumindest ein klares Mitspracherecht haben. Es muss kein Sozialdemokrat sein, es kann auch ein Unabhängiger werden

Faymann kann sich den Konservativen Barroso wieder als nächsten Kommissionschef vorstellen. Sind Sie damit glücklich?
SWOBODA: Faymann ist Realist. Wenn er sieht, dass die Mehrheit der Regierungschefs Barroso wollen, wird er wohl keinen Krieg beginnen, den er nur verlieren kann. Er muss sich nach der Mehrheit im Rat richten.

Werden Sie bei der Abstimmung im EUParlament gegen Barroso stimmen?
SWOBODA: Ich kann mir heute nicht vorstellen, dass ich für Barroso stimme. Es war nicht alles schlecht, was er gemacht hat. Da müsste sich sehr vieles ändern.

Es könnte sein, dass Faymann Barroso unterstützt, Sie aber dagegen stimmen?
SWOBODA: Das könnte durchaus sein. Faymann tritt ja nicht als Parteichef, sondern als Regierungschef auf. Faymann sitzt im Rat, ich sitze als Abgeordneter der sozialdemokratische Fraktion im EU-Parlament.