Nicht zuletzt aufgrund der Namensähnlichkeit wurde man seitens der französischen Presse auf den österreichischen Rom und Vorkämpfer für Minderheitenrechte aufmerksam.

Geboren im KZ

Rudolf Sarközi, geboren 1944 im NS-Konzentrationslager Lackenbach (Burgenland), ist in Österreich kein unbeschriebenes Blatt. Es ist in erster Linie seinem unermüdlichen Einsatz zu verdanken, dass 1993, nach langem Ringen, eine Gleichstellung und Anerkennung der Roma in Österreich erfolgte. Nach seiner Meinung zu den jüngsten Entwicklungen in der französischen Roma-Politik fragte nicht nur Le Monde, sondern auch der Zürcher Tages-Anzeiger. Die Bilanz des Obmanns des Kulturvereins österreichischer Roma fällt dabei negativ aus. Gefragt, ob er Verständnis für die Lage des französischen Präsidenten und dessen Vorgehen habe, antwortete Sarközi, dass man für "unmenschliche Maßnahmen wie die Ausweisung rumänischer und bulgarischer Roma aus Frankreich" kein Verständnis haben könne, so Sarközi gegenüber dem Tages-Anzeiger. Zwar verstehe er, dass Sarkozy die Ängste und Sorgen seiner Landsleute ernst nehmen müsse, schließlich habe auch er "es sicher nicht leicht", dennoch rechtfertige dies nicht die "freiwilligen" Abschiebungen. Vielmehr ortet er das Problem auf europäischer Ebene – bereits im Mai letzten Jahres forderte er die Einführung eines für europäische Minderheiten mit Roma-Schwerpunkt zuständigen EU-Kommissars.

Würde und Bildung

Der französischen Tageszeitung Le Monde sagte Sarközi, dass man die illegalen Roma-Lager natürlich nicht außer Kontrolle geraten lassen könne, doch solle man gleichzeitig nach Lösungen suchen. Beispielsweise solle man den Roma Plätze schaffen, auf denen sie in Würde leben könnten; am wichtigsten sei jedoch die Ausbildung der Kinder und Jugendlichen. Darüber hinaus zeigte er dem Tages-Anzeiger gegenüber Verständnis für all jene Roma, die aus den Elendsquartieren in Sofia oder Bukarest in den Westen ziehen. Zu verlieren hätten sie ohnehin nichts und "schlechter kann es für sie nicht werden." Auch Sarközi musste diese Erfahrung machen. Aus der Provinz zog es ihn aufgrund mangelnder Arbeits- und Zukunftschancen nach Wien. Erst seine Übersiedelung ermöglichte ihm Integration und Aufstieg.

Bedenkliches Signal

Der (ehemals ungarische) und nunmehr französische Sarkozy stammt aus einer alten ungarischen Adelsfamilie samt Schloss und Ländereien südöstlich von Budapest. Sein Vater floh 1944 vor der Roten Armee zuerst nach Deutschland und später nach Frankreich. Der Name Sarkozy kommt aus der Südungarischen Region Sarköz. Laut Rudolf Sarközi wird der Name vor allem von Roma getragen. Ob jedoch Nicolas Sarkozy Roma unter seinen Vorfahren hat, ist nicht bekannt.

Im Hinblick auf die Entwicklungen im gesamteuropäischen Kontext, erinnert sei nur an die systematischen Fingerabdruck-Kampagnen gegen Roma in Italien und die Übergriffe in Ungarn, ist die jüngste Abschiebungsoffensive seitens der Regierung Sarkozy ein mehr als bedenkliches Signal. Zwar verbittet sich Paris jegliche Einmischung seitens des Auslands, doch ändert dies nichts an der immer lauter werdenden Kritik aus ganz Europa. Der beinahe Namensvetter des Präsidenten brachte es gegenüber dem Tages-Anzeiger auf den Punk: "Wenn Sarkozy die illegalen Lager abreißen lässt, muss er für andere Unterkünfte sorgen. Aber er will die Menschen wie Dreck aus dem Land fegen."

Cui bono?

Was in der Debatte dabei beinahe untergeht, ist die Tatsache, dass es sich bei den Abgeschobenen um EU-Bürger handelt. Allein im Vorjahr wurden bereits 10.000 Menschen nach Bulgarien und Rumänien ausgewiesen, in Länder also, in denen die Lebensbedingungen um ein Vielfaches schlechter sind und wo sie unter meist unvorstellbaren Umständen in slumähnlichen Siedlungen Zuflucht suchen müssen – so sie bleiben. Denn als EU-Bürger können sie selbst nach einer Ausweisung jederzeit zurückkommen. Die Katze beißt sich also in den Schwanz.

Bleibt die Frage, wer etwas von davon hat. Die Opposition in Frankreich sieht darin lediglich ein politisches Manöver des Präsidenten, um sich als sicherheitspolitischen Hardliner zu positionieren. Dies wiederum würde ihm den Wählerfang am rechten Rand erleichtern. Die kritischen Stimmen aus ganz Europa, samt der sich entwickelnden Debatte, haben jedoch auch einen positiven Nebeneffekt für Sarkozy: Die Affäre Bettencourt ist endlich nicht mehr das einzige Thema. Ein Blick in die Online-Ausgabe der französischen Zeitung zeigt jedoch, dass dem französischen Präsidenten sein Manöver dennoch nicht ganz gelungen ist, denn auch im heutigen Aufmacher steht die Causa Bettencourt an erster Stelle.

Politisches Kleingeld

Selbst die EU-Kommission mahnte Paris zum Respekt der Rechte und Freiheiten der EU-Bürger. Nicolas Sarkozy bleibt jedoch in der Roma-Frage unerbittlich, bis Oktober sollen aus den 51 geräumten Lagern rund 200 werden. Es hat den Anschein, als ob der französische Sarközi kein Problem damit hat, auf Kosten jener, die ohnehin nichts haben, politisches Kleingeld zu machen.