Von Hilfe ist in Pakistan noch zwei Wochen nach Beginn der schlimmsten Flutkatastrophe in der Geschichte des Landes vielerorts wenig zu sehen. Menschen horten die letzten Habseligkeiten, die sie gerettet haben. Geschlafen wird auf matschigen Hügeln. Im Wasser treiben die Kadaver von Vieh.

Sehr gelegen kommt die Jahrhundertüberschwemmung, die bisher mindestens 1800 Todesopfer forderte, die etwa 700.000 Häuser zerstörte und von der mittlerweile etwa 15 Millionen Menschen unmittelbar betroffen sind, nur einer Gruppierung: den radikal-islamischen Taliban. Ihre Leute sind im Gegensatz zu den Regierungskräften derzeit dort, wo die Not am größten ist. Dementsprechend werden sie als Helden gefeiert. "Dieser junge Mann und seine Leute retteten meine Kinder", sagte ein Dorfbewohner zu den Helfern einer Stiftung, die Verbindungen zur Lashkar-e-Taiba hat, einer Gruppe, die hinter mehreren Terroranschlägen stecken soll.

60.000 Soldaten im Einsatz

Die pakistanischen Regierungstruppen, die mit US-Hilfe seit Monaten verlustreiche Offensiven gegen die Taliban durchführen, sind mit den zivilen Rettungsarbeiten überfordert. Außerdem fehlen ihre Lastwagen und Hubschrauber jetzt im Kampf gegen die Aufständischen. Im Katastrophengebiet herrscht daher ein massives Sicherheitsvakuum.

Armeesprecher Generalmajor Athar Abbas gibt sich unbeeindruckt. Zwar seien derzeit landesweit 60.000 Soldaten mit 55 Hubschraubern und über 600 Booten im Hilfseinsatz. Pakistans Armee sei aber dennoch durchaus in der Lage, gleichzeitig die Flutkatastrophe und die Widerständischen zu bekämpfen.

"Eine Strafe Gottes"

Die Taliban ihrerseits erklärten höhnisch, die Wassermassen seien "eine Strafe Gottes, weil sich Pakistan mit Ungläubigen zusammenschloss und deren Hilfe annimmt". Die Radikalen rufen "Tod den USA" und forderten die Bevölkerung auf, ausländische Hilfe zu boykottieren.

Ein Mann, der in der Flut all sein Hab und Gut verloren hat, sagte: "Ich kann die Taliban zwar nicht ausstehen. Aber sie helfen uns wenigstens ein bisschen. Soldaten habe ich in dieser Gegend noch keine gesehen."

Die Naturkatastrophe bringt die USA in eine prekäre Lage. Bei vielen Pakistanern sind die Amerikaner ohnehin verhasst. Wenn es Islamisten nun gelingt, mit ihrer Hilfe noch größere Sympathien in der Bevölkerung zu gewinnen, bedroht dies das pakistanisch-amerikanische Bündnis im Kampf gegen Terroristen in der Region.