Nicolas Sarkozy ist ein Macher. Wenn es brennt, er die Ärmel hochkrempeln und zupacken kann, läuft er zu Hochform auf. So war das jedenfalls bisher. Ob in der Georgien- oder Finanzkrise: Frankreichs Staatschef rackerte an vorderster Front - und der Erfolg gab ihm recht. Sarkozy brauche die Krise, sie putsche ihn auf, hat es geheißen. Doch das stimmt nicht oder nicht mehr. Jetzt hat er sie nämlich. Es brennt im eigenen Haus. Aber zum Entsetzen seiner Landsleute greift er nicht zum Feuerlöscher. Der Präsident zögert, zaudert, spielt auf Zeit. Als sei nicht schon zu viel davon verstrichen seit den ersten Anzeichen moralischer Verkommenheit im Kabinett.

Staatssekretäre haben für Zigarren 12.000 Euro kassiert, den Privatjet der Linienmaschine vorgezogen, sich mehrere Dienstwohnungen gegönnt und auf Reisen die Luxussuite. Arbeitsminister Eric Woerth, bis März Finanzminister, hat als Steuereintreiber Nummer eins zur größten Steuerschuldnerin des Landes, der L'Oreal-Erbin Liliane Bettencourt, enge Beziehungen unterhalten. Unter anderem soll Woerth von der Milliardärin einen Umschlag mit 150.000 Euro zur Finanzierung von Sarkozys Wahlkampf bekommen haben, was nicht nur Woerth, sondern auch den Staatschef in Verruf bringt. Was muss denn noch passieren, bis der Präsident durchgreift?

Gewiss, zwei Staatssekretäre haben unter Unschuldsbeteuerungen ihren Hut genommen. Doch angesichts des Ausmaßes der Affären hilft nur ein Großreinemachen. Sarkozy schreckt davor zurück. Ein Schuldeingeständnis sei ein Zeichen von Schwäche, hat er zu verstehen gegeben. Das Gegenteil ist der Fall. Würde der Präsident nach der Maxime handeln, dass nicht zum Volksvertreter taugt, wer es an politischem Anstand fehlen lässt, wäre dies Ausweis von konsequenter Politik, von Führungsstärke.

Sarkozy selbst hat diese Maxime einst zur Richtschnur seiner Politik erklärt. Eine untadelige Republik hat er den Franzosen verheißen - vor gut zwei Jahren als Präsidentschaftskandidat. Doch anstatt das Versprechen einzulösen, solidarisiert er sich mit den Sündern.

Die Unanständigkeit der Politiker fällt obendrein in eine Zeit, in der sie vom Volk Anstand einfordern. Kaum ein Tag vergeht, an dem sie nicht mit Verweis auf leere öffentliche Kassen an die Solidarität der Franzosen appellieren, ihnen Opfer abverlangen. Die an der Staatsspitze zutage getretene Selbstbedienungsmentalität mutet vor diesem Hintergrund besonders zynisch an. Krisenmanagement tut not. Doch ein Krisenmanager ist nicht in Sicht.

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