"Das Gefühl der Straflosigkeit ist weit verbreitet, so kann es nicht weitergehen", polterte der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou bei einem Treffen mit Staatspräsident Karolos Papoulias. "Das Volk wird uns entgegenkommen, aber es muss zunächst überzeugt werden, dass Steuerhinterziehung bekämpft wird und diejenigen, die sich bereichert haben, zur Rechenschaft gezogen werden", antwortete der Staatspräsident.

Griechische Politiker haben Angst vor einem Horrorszenario für die Wirtschaft des Landes und letzten Endes auch für die Existenz des Staates. Sie fürchten den Zorn der Bürger, vor allem derjenigen, die stets ihre Steuern und Arbeitnehmerbeiträge bezahlt haben. "Millionen sehen jetzt, dass sie trotz all ihrer Loyalität den Preis bezahlen müssen. Vor allem die Rentner, die sich nicht mehr mit Streiks wehren können", sagte ein Steuerberater.

"Günstlingswirtschaft und Korruption kann man nicht bekämpfen, wenn nicht alle davon überzeugt sind, dass jetzt endlich Schluss damit sein muss", hieß es gestern in den Bars in Athen. "Es ist nicht sicher, ob dieser Wasserkopf-Staat die Steuern eintreiben kann", meinte ein hoher Beamter des Finanzministeriums. Zugleich könnten gewaltige Streiks alle Reformen und Einsparungen zunichtemachen.

Die regierungsnahe Zeitung "Ta Nea" rechnete gestern vor, was ein durchschnittlicher Staatsbediensteter durch die Kürzungen verliert, die die Regierung am Sonntag beschlossen hat. Ein Beamtenehepaar mit bisher zusammen 38.668 Euro im Jahr muss jetzt mit 35.404 Euro auskommen.

Am schlimmsten trifft es jetzt die kleinen Rentner, die mit 600 Euro im Monat auskommen müssen. Denn die indirekten Steuern wurden bereits zum dritten Mal seit Jahresbeginn angehoben. Die Mehrwertsteuer wurde von 19 Prozent Anfang des Jahres zweimal auf insgesamt 23 Prozent erhöht. Morgen wollen die Gewerkschaften Griechenland lahmlegen. Das Motto des Streiks lautet: "Den Preis sollen diejenigen zahlen, die das Geld haben."

Was dem Land jetzt fehlt, sei eine neue Idee, ein neues "nobles" Ziel: "Wie die Olympischen Spiele 2004, die wir trotz Hiobs-Prophezeiungen wunderbar ausgetragen haben", sagte ein Radiokommentator.

"Es ist notwendig, dass wir ein besseres Griechenland schaffen. Es liegt in unserer Hand", sagt Ministerpräsident Papandreou. Dabei wirkt der schlanke Mann aber müde und gestresst. Und die griechischen Medien konstatierten: "Seine Haare sind binnen weniger Wochen grauer geworden."