Es ist ein düsterer Befund, den die Meinungsforscher erhoben haben, düster für die französische Demokratie: Wenn die Wähler an diesem und am folgenden Sonntag aufgerufen sind, über die Zusammensetzung der Regionalparlamente zu entscheiden, wird wohl die Hälfte zu Hause bleiben. Das Land, in dem die Präsidentenwahl 2007 politische Leidenschaft entfacht und zur Beteiligung von 84 Prozent geführt hatte, scheint in das andere Extrem zu verfallen.

Die Gründe für den Umschwung: die Krise, den schwindenden Glauben, dass die Politik ihr etwas entgegensetzen kann, der Frust darüber, dass auch der sich so willensstark gebärdende Staatschef Nicolas Sarkozy nicht viel bewegt hat.

Diejenigen, die zur Wahl gehen, dürften der rechtsbürgerlichen UMP von Sarkozy überwiegend eine Abfuhr erteilen und für die Linke stimmen, die seit 2004 in fast allen Regionalparlamenten das Sagen hat. Sarkozy hat sich das selbst zuzuschreiben. Sicherlich ist es vor allem die Krise, die dem Volk zusetzt. "Sie laugt die Franzosen seelisch aus", hat Jean-Paul Delevoye - einst unter Jacques Chirac Minister - treffend festgestellt.

Der Präsident hat die Krise nicht zu verantworten. Er hat um den Preis hoher Staatsverschuldung die Auswirkungen gedämpft und dafür gesorgt, dass das Land glimpflicher davongekommen ist als die meisten EU-Staaten. Der Fehler liegt woanders. Er hat sich dem Wähler als jemand empfohlen, dessen Willen Berge versetzt, als Supersarko. "Der Staat, das bin ich", lautete die selbstherrliche Botschaft.

Und jetzt, da der in Frankreich ohnehin mit hohen Erwartungen befrachtete Staat nicht den ersehnten Schutz gewährt, wird dieses "der Staat bin ich" zum Bumerang. Der Wähler nimmt Sarkozy beim Wort, macht ihn verantwortlich für das Staatsversagen in der globalen Krise.

Enttäuschte Mehrheit

Um nicht zu enttäuschen, hat der Präsident versprochen, was nicht zu halten war - und hat erst recht enttäuscht. Zwei Drittel der Bevölkerung haben nach den Umfragen das Vertrauen in die Politik schlechthin verloren.

Neben der Linken schöpft auch die fast zur Bedeutungslosigkeit verurteilte Nationale Front FN neue Hoffnung. Mit acht bis zehn Prozent darf sie rechnen. Geschickt hatte Sarkozy die Themen der Rechtsradikalen besetzt, sich als Wahrer von Sicherheit und nationaler Identität empfohlen. Nun, da die Arbeitslosigkeit steigt und der Ruf des Präsidenten Schaden genommen hat, meldet sich die FN als angeblich wahrer Hüter des Nationalen zurück. Marine Le Pen, die Tochter des greisen Frontführers Jean-Marie Le Pen, schürt entschlossen die Furcht vor dem Islam. Sie ließ Plakate kleben, die Frankreich gespickt mit raketenähnlichen Gebetstürmen zeigen.

Denkzettel Seite 8, Porträt Seite 9