Kein Albaner darf die Grenze zwischen dem Norden des Kosovo und Serbien kontrollieren: Das ist die einzige greifbare Forderung der Serben, die sich seit Montag Straßenschlachten mit der internationalen Schutztruppe KFOR liefern. Schon seit vier Monaten verhindern Barrikaden auf den wichtigsten Straßen, dass Grenzbeamte aus dem albanisch dominierten Kosovo auf dem Landweg zu den Kontrollpunkten gelangen. Immer, wenn die KFOR-Truppen eine Barrikade abräumen wollen, rufen dort postierte Wächter die Serben aus den umliegenden Dörfern zu Hilfe. Schaffen die Soldaten es doch einmal, eine der Sperren aus Sand, Steinen und Baumstämmen zu schleifen, bauen die Serben ein paar Hundert Meter weiter schon die nächste auf. Damit wird Nord-Kosovo immer mehr zum gefährlichen Pulverfass. Selbst ein Krieg ist jetzt nicht mehr undenkbar. Hinter dem serbischen Widerstand steckt die Angst, der Norden könnte gewaltsam ins unabhängige Kosovo integriert werden. Drei der vier Gemeinden an der Grenze zu Serbien waren schon vor dem Krieg vorwiegend serbisch besiedelt. Als 1999 die NATO-Truppe in das Kosovo einmarschierte, flüchteten sich auch viele Serben über den Grenzfluss Ibar in den nördlichen Teil der stark durchmischten Arbeiterstadt Mitrovica.

Zwölf Jahre lang blieb der Norden von der rasanten Entwicklung im Kosovo abgekoppelt. Zwar durften und dürfen sich hier weder Soldaten noch Polizisten der Republik Serbien aufhalten. Sonst aber ist - von der Post bis zum Autonummernschild - alles wie in Serbien. Belgrad, das die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennt, hat den Abspaltungswunsch der Serben im Nord-Kosovo unterstützt. KFOR, UNO-Verwaltung und EU-Mission Eulex übernahmen nur halbherzige Versuche, im Norden Fuß zu fassen.

Schluss mit der Ruhe

Im Juli war Schluss mit der Ruhe. Die KFOR-Truppe setzte sich nach einer gescheiterten Aktion der Kosovo-Spezialpolizei an der Nordgrenze zu Serbien fest. Parallel dazu übte das federführende Deutschland Druck auf Belgrad aus, die "parallelen Strukturen" in Mitrovica und nördlich davon aufzuheben.

Die Aktionen der NATO-Truppe waren bisher wenig erfolgreich. Zu stark und zu einig sind die lokalen Serben in ihrem Widerstand. Erfolgreicher war der Druck auf Belgrad. Trotz der Aktionen im Norden zeigte sich der Beauftragte Serbiens, Borko Stefanovic, in Verhandlungen mit der kosovo-albanischen Regierung über Fragen wie Bewegungsfreiheit oder Zollstempel nachgiebig.

Belgrad steht vor der Wahl zwischen der Illusion, dass Kosovo wieder serbisch werden könnte, und der realen Aussicht auf EU-Mitgliedschaft. Schon am Montag wollen die EU-Außenminister sich darauf verständigen, ob Serbien den Status eines Beitrittskandidaten und damit Zugang zu wichtigen Fonds bekommt. Lässt Belgrad die Serben im Nord-Kosovo hängen, muss die KFOR-Truppe alleine mit ihnen fertig werden. Was das heißen könnte, mag sich noch niemand ausmalen.