Silvio Berlusconi Adieu! Ohne Wehmut verabschiedet sich Italiens föderalistische Lega Nord von den römischen Palazzi, in denen sie mit Medienzar Berlusconi mitregiert hatte, und geht mit fliegenden Fahnen in die Opposition. Die Partei von Umberto Bossi weigert sich, die Regierung des "Technokraten" Mario Monti zu unterstützen und wird als einzige Einzelpartei im Parlament Opposition gegen das Übergangskabinett führen, das Italien aus den Wogen der dramatischen Schuldenkrise lotsen soll. Damit bricht Bossi die seit 2001 bestehende Partnerschaft mit Berlusconis Gruppierung, dank der seine Partei dreieinhalb Jahre lang entscheidende Schlüsselpositionen im politischen Rom besetzt hatte.

Mit wahrer Erleichterung trennt sich die Lega Nord von Berlusconi, der für die meisten Aktivisten ein Dorn im Auge geworden war. Unter dem Druck der unzähligen Skandale rund um sein Privatleben, der Justizprobleme und der Korruptionsaffären in seiner Partei hatte Berlusconi bei der Lega stark an Sympathien eingebüßt. Immer mehr "Leghisti" hatten in den letzten Wochen offen Berlusconis Rücktritt gefordert und einen Regierungsaustritt ihrer Partei verlangt. Doch Bossi beteuerte immer wieder, dass die Lega Berlusconi treu bleiben würde. Bis zum bitteren Ende, mit dem unrühmlichen Rücktritt des Medienzaren vor einer tobenden Menschenmenge, die mit Schmährufen und Pfiffen seinen Rücktritt feierte.

"Wie schön, wir gehen zurück in die Opposition!", reagierte Bossi erleichtert auf den Fall der Regierung Berlusconi, in der er das Amt des Reformenministers bekleidet hatte. Der Volkstribun aus dem lombardischen Varese, ebenfalls Heimatstadt Montis, musste in den letzten Jahren großes diplomatisches Geschick an den Tag legen, um in Rom die Regierung über Wasser zu halten und seine föderalistischen Pläne umzusetzen. Dabei war er auch gezwungen, seinen provokativen Stil und seine deftige Redeweise zu zügeln, was ihm erhebliche Anstrengungen gekostet hat. Nach dem Sturz der Regierung Berlusconi ist Bossi jetzt ungebunden und kann wieder zu seinem Hardliner-Kurs und seiner alten separatistischen Linie zurück.

Demos geplant

Bossi, der provokativste aller italienischen Politiker, verliert keine Zeit. Trotz seiner nach einem Hirnschlag im Jahr 2004 angeschlagenen Gesundheit will der 70-Jährige am 4. Dezember ein "padanisches Parlament" in Vicenza gründen, dem sich Bürgermeister und Lokalpolitiker der Lega Nord anschließen sollen, um Maßnahmen zur Förderung des Föderalismus zu besprechen. Im Jänner plant die Lega Nord eine Großdemonstration in Mailand. "Jeder hat begriffen, dass Italien zugrunde geht, daher müssen wir für eine Alternative arbeiten: Padanien", betont Bossi in Anspielung auf den norditalienischen Separatstaat, den er seit 25 Jahren zu gründen träumt.

Sollte Monti sein Fachleutekabinett aus der Taufe heben, muss er sich auf scharfen Widerstand aus dem Lega-Lager gefasst machen. Der frühere EU-Kommissar ist schon längst ein rotes Tuch für die strikt europaskeptische Partei. "Monti ist von der EU entsendet worden, um Norditalien seines Reichtums zu berauben. Monti übernimmt die Führung Italiens, obwohl er von der Bevölkerung nicht gewählt worden ist. Die Lega Nord wird eine Regierung von Putschisten niemals unterstützen", betonten Spitzenpolitiker der Partei.

Die Lega Nord beobachtetn Montis erste Schritte mit Argusauge. "Wir werden Fall für Fall entscheiden, ob wir die Regierungsmaßnahmen im Parlament unterstützen werden. Wir werden nicht zulassen, dass er Norditalien plündert", warnte Bossi. Die Übergangsregierung Montis werde seiner Ansicht nach kurzlebig sein. "Sie wird von einer bunten Parteienmischung unterstützt und wenig zustande bringen", prophezeit Bossi.