Über 40 Jahre lang hat die baskische Terrororganisation ETA ("Euskadi Ta Askatasuna"/"Baskenland und Freiheit") für die politische Unabhängigkeit des Baskenlandes von Spanien und Frankreich gebombt, ermordet und erpresst. Mehr als 830 Menschen fielen ihrem Kampf für ein "freies" Euskadi (Baskenland) zum Opfer, rund 2.300 wurden verletzt. Am Donnerstag hat die sich selbst als linke Befreiungsarmee betrachtende ETA nun erklärt, den bewaffneten Kampf endgültig aufzugeben.

Durch die zahlreichen Verhaftungen wichtiger ETA-Mitglieder in den vergangenen Jahren, die innerhalb der baskischen Bevölkerung auf historische Mindestwerte gesunkene Unterstützung sowie die immer häufiger werdenden Aufrufe inhaftierter ETA-Kämpfer sagten spanische Anti-Terrorexperten bereits seit Wochen ein nahendes Ende der Separatistenorganisation voraus.

Der Zeitpunkt für die Ankündigung, ihre "bewaffnete Aktivität definitiv einzustellen" war genau einen Monat vor den spanischen Parlamentswahlen am 20. November jedoch keineswegs zufällig gewählt. ETA versucht direkten Einfluss auf die Wahlen zu nehmen, bei denen mit "Bildu" erstmals wieder eine ihr nahestehende politische Separatistenpartei teilnehmen darf.

Seit 2003 war ihr politischer Arm, die radikale Separatistenpartei Batasuna (Einheit), verboten und auch sämtliche Nachfolge-Tarnorganisationen wurden immer wieder von den Wahlen als illegal ausgeschlossen. Der Einfluss der sogenannten "izquierda abertzale", der linken Unabhängigkeitsbewegung, auf die Bevölkerung sank ins Bodenlose und damit auch die Akzeptanz der Bevölkerung mit Blick auf die Methoden der ETA. Der Ausschluss aus den Rathäusern und dem Regionalparlament drehte den Separatisten, auf dessen finanzielle Hilfe ETA angewiesen war, zudem den staatlichen Geldhahn ab.

Separatistenpartei

Bereits seit zwei Jahren, aber speziell nachdem die erst einen Monat vor den spanischen Regional- und Kommunalwahlen im vergangenen Mai gegründete und überraschenderweise nicht verbotene Separatistenpartei "Bildu" (Versammlung) direkt mit 25 Prozent der Stimmen als zweitstärkste Partei bei den baskischen Gemeindewahlen hervorging, witterten die politischen Führer der "izquierda abertzale", dass ihr Moment gekommen war.

Sie erhöhten wie die inhaftierten ETA-Kämpfer, die bei einer politischen Lösung auf eine General-Amnestie hoffen, den Druck auf die ETA, endgültig die Waffen niederzulegen und dem politischen Dialog eine Chance zu geben. Der interne Druck auf die Terrororganisation zur Niederlegung der Waffen wurde immer stärker.

Die Zulassung der Bildu-Partei durch den Madrider Gerichtshof sorgte unter der sozialistischen Regierung, der konservativen Opposition und einem Großteil der spanischen Bevölkerung für Kritik. Laut der letzten Metropscopia-Umfrage sahen allerdings 58 Prozent der Basken in der Zulassung der separatistischen Baskenpartei einen "Schritt zum Frieden".

Neue politische Zeit

ETA kündigte in ihrem Kommunique am Donnerstag nun auch den Beginn "neuer politischer Zeiten im Baskenland" an. Viele spanische Journalisten wie Josep Ramoneda von der Zeitung "El País" sind sich sicher, dass Bildu nun auch bei den Wahlen am 20. November einen großen Erfolg feiern wird.

Der dürfte auf Kosten der gemäßigten Baskischen Nationalisten der PNV gehen, die 2009 nach 30 Jahren an der Macht die Regierung an die Sozialisten im Baskenland abgeben mussten. Bisher war es immer wieder die PNV, welche im spanischen Parlament zu Königsmachern wurde und in den vergangenen Jahren auch immer wieder die sozialistische Minderheitsregierung zu hohen politischen Preisen unterstütze. Was wird Bildu in Zukunft in Madrid verlangen, fragen sich bereits viele Journalisten und Politiker?

Die ETA könnte durch die Niederlegung der Waffen jedoch auch direkt den Wahlausgang beeinflussen, zumindest die bisher absehbare absolute Mehrheit für den konservativen Oppositionsführer Mariano Rajoy (PP). Obwohl Rajoy sich in der Vor-Wahlkampagne immer stets mit Äußerungen über einen möglichen Dialog mit ETA zurückgehalten hat, sprachen sich potenzielle Minister seiner möglichen Regierung immer wieder strikt dagegen aus.

Die sozialistische Regierung von Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero (PSOE), deren Image vor allem durch die unzureichende Reaktion auf die Folgen der Wirtschaftskrise ins Bodenlose gesunken ist, erfährt durch das Ende der ETA hingegen einen Popularitätsschub.

Dabei kann sich der sozialistische Spitzenkandidat Alfredo Pérez Rubalcaba wie kein zweiter persönlich das Ende der ETA als seinen Erfolg verbuchen und das wahlkampfstrategisch ausnutzen. Bis zum Sommer und zur Ernennung zum Spitzenkandidaten war Rubalcaba als spanischer Innenminister für den erfolgreichen Anti-Terrorkampf und die Festnahme zahlreicher ETA-Führer verantwortlich. Ob es reichen wird, die Wahlprognose umzudrehen, bleibt jedoch fraglich. Der Wahlkampf dürfte jedoch wieder spannender werden...