Zukunft? Dionysis Tsimis muss lachen, als er das Wort hört. Aber es ist ein spöttisches, ein bitteres Lachen. "Griechenland hat keine Zukunft", sagt der 22-jährige Chemiestudent. "Zumindest die nächsten 15 Jahre wird es hier eher schlechter werden, bevor es besser wird, und so lange kann ich nicht warten!" Er und ein paar andere junge Leute sitzen in der Cafeteria des Athener Goethe-Instituts. Sie absolvieren einen Deutschkurs. Im Goethe-Institut herrscht Hochbetrieb: "Die Anmeldungen für unsere Sprachkurse haben gegenüber dem Vorjahr um 70 Prozent zugenommen", berichtet Institutsleiter Rüdiger Bolz. "Und die meisten kommen mit einer klaren Motivation zu uns: Sie wollen auswandern."

Griechenland steckt in der schwersten Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Wirtschaftsleistung ist seit 2008 um mehr als zwölf Prozent geschrumpft. Vier von zehn Griechen der Altersgruppe 15 bis 24 sind ohne Arbeit - oft trotz guter Ausbildung: Die Akademikerarbeitslosigkeit hat sich seit 2007 verdoppelt, jeder dritte Hochschulabsolvent geht nach dem Examen geradewegs in die Arbeitslosigkeit. Und selbst wer einen Job hat, muss kämpfen: Nach Berechnungen von Eurostat sind die Löhne allein im ersten Quartal 2011 um 6,2 Prozent gesunken.

Auch Australien als Ziel

Und so sind es nicht nur Schulabgänger und Studenten, die jetzt im Athener Goethe-Institut Deutsch lernen. "Die Altersspanne reicht von 17 bis Mitte 40, wir haben auch gestandene Ärzte und Ingenieure als Schüler", berichtet Dozentin Katja Koukoumelos. Besonders groß ist der Andrang auf die Intensivkurse.

Immer mehr Griechen blicken beim Thema Auswanderung weit über Deutschland und Europa hinaus: das ferne Australien, das schon Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts Ziel Hunderttausender griechischer Emigranten war, steht wieder hoch im Kurs. "Allein seit Beginn des Jahres sind etwa 2500 Einwanderer aus Griechenland gekommen", berichtet Konstantinos Markos, der Generalsekretär der griechischen Gemeinde von Melbourne.

Waren es in den 60er-Jahren vor allem ungelernte Arbeitskräfte, die Jobs in Deutschland oder Österreich suchten, so kehrt nun die Elite dem Land den Rücken. Laut Umfrage sind 37 Prozent der jungen Griechen bereit, auf Dauer ins Ausland zu gehen, weitere 27 Prozent auf Zeit.

Sprachlehrerin Koukoumelos. "Die jungen Griechen sind in einem Zwiespalt: Einerseits haben sie ein schlechtes Gewissen bei dem Gedanken, dass sie ihre Heimat im Stich lassen. Aber zugleich fühlen sie sich von ihrer Heimat im Stich gelassen."