Das Virus der Gewalt hat London und inzwischen auch mehrere andere Städte Englands voll erfasst. Der Himmel über der britischen Hauptstadt wurde in der Nacht von zahllosen Bränden beleuchtet. Auch in Liverpool, Birmingham und zuletzt in Bristol gingen vermummte Randalierer auf die Straßen und setzten Fahrzeuge und Häuser in Brand.

Mit Birmingham war am Montag erstmals auch eine Stadt außerhalb Londons betroffen. Dort plünderten Vermummte Juwelierläden und Elektronik-Geschäfte. In der Nacht zum Dienstag setzten sie eine Polizeiwache in Brand. In den frühen Morgenstunden wurden auch aus Bristol Unruhen gemeldet.

Auch aus Liverpool kamen in der Nacht erste Berichte über chaotische Szenen, von der Polizei als "isolierte Ausbrüche von Unruhen" umschrieben. Augenzeugen berichteten laut PA, dass mehrere hundert Vermummte in den Straßen vorbeifahrende Autos stoppten, die Insassen zum Aussteigen zwangen und anschließend die Fahrzeuge in Brand setzten.

350 Verdächtige festgenommen

Insgesamt waren in London und Birmingham bis Dienstagmorgen fast 350 Verdächtige festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Die Polizei schickte in der Nacht zum Dienstag weitere 1700 Beamte in die "Krisengebiete" Londons. "Zu wenig und zu spät", sagte ein ausgeraubter Geschäftsinhaber dem BBC zu den Polizeieinsätzen.

Plündernde und brandschatzende Banden, die in der Nacht zum Sonntag im Nordlondoner Stadtteil Tottenham die Randale begonnen hatten, waren schon in der Nacht zum Montag in weitere Stadtteile weitergezogen. Auch Gruppen gewalttätiger Kinder zwischen 10 und 14 Jahren waren unterwegs. Vizepremierminister Nick Clegg sagte, die Randalierer seien "opportunistische Kriminelle".

Die Krawalle hatten in der Nacht zum Sonntag im Problemviertel Tottenham begonnen. Zwei Tage zuvor war dort der 29-jährige Mark Duggan von einem Polizisten erschossen worden. Unklar war, ob der farbige Familienvater, der der Banden- und Drogenszene zugerechnet wird, das Feuer eröffnet hatte. Ergebnisse ballistischer Tests sollen am Dienstag veröffentlicht werden.h

Premierminister David Cameron hat für Dienstag den Nationalen Sicherheitsrat zusammengerufen, um die Lage zu besprechen.