Es ist eine Mischung aus Freude und Vorsicht, die viele Griechen nach dem Brüsseler "Schicksalsgipfel" bewegt. Bis spät in die Nacht zum Freitag verfolgten die Menschen mit Spannung die Beratungen der Staats- und Regierungschefs der Eurozone. Radio und Fernsehen unterbrachen immer wieder ihr Programm, manche sendeten stundenlang live aus Brüssel. Von einem "Schicksalgipfel" war die Rede, nicht nur für Griechenland, sondern für den gesamten Euro.

Athener Zeitung: "Tiefes Durchatmen"

Am Morgen danach - mit der beruhigenden Gewissheit, von den Partnern nicht im Stich gelassen worden sein - fehlt es aber noch am Verständnis für die komplizierten finanztechnischen Beschlüsse und Begriffe. Eines zumindest haben die meisten verstanden: "Jemand hat uns wohl in letzter Minute einen Rettungsring zugeworfen und wir haben ihn in der Luft geschnappt", bringt es Theodoros Ioannidis, ein in Athen lebender Apotheker, auf den Punkt.

"Tiefes Durchatmen", titelt die konservative Athener Zeitung "Kathimerini". Eines erleichtert die Griechen vor allem: Der in Brüssel angekündigte europäische "Marshallplan" gibt endlich neue Hoffnung, denn die zahlreichen Sparprogramme - Voraussetzungen für die Hilfsprogramme - haben die Konjunktur abgewürgt.

Fast jeder zweite junge Grieche ist arbeitslos - Tendenz steigend. Da muss Wachstum her. Viele gut ausgebildete Menschen wollen auswandern. "Ich kann also doch noch hoffen, dass meine Kinder in Griechenland bleiben und eine Arbeit finden", sagt Evangelos Kanaros aus der kleinen nordgriechischen Stadt Florina. Zwei seiner Kinder sind Ingenieure - und arbeitslos. Derzeit kellnern sie immer mal wieder in einer Cafeteria im nordgriechischen Thessaloniki.

Fachkräfte hat das Land zwar, es fehlt aber an Perspektive. "Ich habe gehört, die Deutschen wollen hier im Bereich erneuerbare Energie investieren", erzählt hoffnungsvoll Kostas Chatzis, ein 28-jähriger Umweltingenieur aus der Hafenstadt Patras.

Gesellschaft schießt sich selbst "ins Bein"

Darüber hinaus haben die Griechen nun Gewissheit, dass - ganz egal, mit welcher Bonität die Ratingagenturen Griechenlands Schulden bewerten - griechische Banken weiterhin flüssig bleiben. Finanzminister Evangelos Venizelos spricht von einem "Riesen-Schutzschirm", der über die Banken, aber auch die Rentenkasse aufgespannt worden sei. Viele Griechen hatten sich schon auf eine Katastrophe in der Dimension einer Staatspleite wie in Argentinien gefasst gemacht. Viele brachten ihr Erspartes ins Ausland, andere trugen das Geld von der Bank nach Hause.

Unklar bleibt, ob die mächtigen griechischen Gewerkschaften nun begriffen haben, dass dies die letzte Chance für eine Gesundung der Staatsfinanzen ist. Die Athener Zeitung "Ta Nea" meint: "Unsere Partner haben uns nicht den Rücken zugedreht, als wir einen Schritt vor der Zahlungsunfähigkeit waren."

Die latente Streikgefahr beschere dem Land immer wieder chaotische Zustände. Niemand könne eine Gesellschaft ernst nehmen, die sich selbst "ins Bein schießt". "Denn genau das macht sie, wenn sie selbst unter anderem durch Streiks die einzige Lokomotive boykottiert, die sie hat: den Tourismus", schreibt das Blatt.