Nach Irland, Griechenland und Portugal nun also auch Italien: Die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ist hoch verschuldet und steht am Rande des Abgrunds. Obwohl die Börsenaufsicht Consob die Regeln für Leerverkäufe nach dem Kurseinbruch an der Mailänder Börse vom Freitag verschärfte, sanken die Aktien am Montag weiter.

Börsenkurse sackten ab

Die europäischen Leitbörsen sind am Montag mit deutlichen Verlusten in die neue Handelswoche gestartet. Der Euro-Stoxx-50 verlor 2,90 Prozent auf 2.709,14 Zähler. Überschattet wurde der Wochenbeginn vor allem von zunehmenden Sorgen um die finanzielle Stabilität Italiens. Eine Expertin nannte die Nachwirkungen des enttäuschenden US-Arbeitsmarktberichts vom Freitag, anhaltenden Sorgen um die Inflation in China sowie Italien als Gründe für die schlechte Stimmung an den Märkten. Auch der Euro geriet zunehmend unter Druck und rutschte erstmals seit Mai wieder unter die Marke von 1,40 Dollar.

Der sonst so wortgewaltige Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der nach Wahlniederlagen und nach der Verurteilung zur Zahlung einer Rekordsumme als Entschädigung für Bestechung schwer angeschlagen ist, hüllt sich in auffälliges Schweigen. Medien wie der konservativ-liberale "Corriere della Sera" titelten derweil bereits: "Italien hält den Atem an".

Der Regierungschef wolle mit eigenen Äußerungen nicht auf Börsenspekulationen Einfluss nehmen, erklärte Regierungssprecher Paolo Bonaiuti die Tatsache, dass Berlusconi sich in eine seiner Villen bei Mailand zurückgezogen hat. "Italiens Wirtschaft ist ebenso wie die Banken absolut solide", beschwichtigte Bonaiuti, der einen Angriff von Börsenspekulanten auf Italien befürchtet. Ein Land, das mit fast 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts extrem hoch verschuldet ist, und die geschwächte Regierung - durch Korruptionsvorwürfe gegen Spar-Minister Giulio Tremonti - reizen die Märkte vermehrt zu Spekulationen.

Bis zum 9. September müssen Händler der Consob Leerverkäufe melden, sobald 0,2 Prozent des Grundkapitals eines Unternehmens erreicht ist. Damit will die Börsenaufsicht Spekulanten bremsen, die auf fallende Kurse von Aktien und Staatspapieren wetten. Vor härteren Beschränkungen schreckt die Consob nach Auffassung italienischer Beobachter offenbar zurück, um nicht den Eindruck einer Panik zu erwecken. Wenn Italien sich tatsächlich der Zahlungsunfähigkeit nähern sollte, stünde dem Euroraum ein weit gewaltigeres Beben bevor als im Fall Griechenlands. Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel forderte Italien daher dringend zu hartem Sparen auf.

Im Gegensatz zu seinem Finanzminister setzt Berlusconi jedoch lieber auf die Verteilung von Posten. So scheiterte die seit den 70er-Jahren nach Einführung der Regionen geplante Abschaffung der kostspieligen Provinzen als Verwaltungseinheit jetzt erneut am Widerstand von Regierung und Opposition.

Nachdem die Staatsanwaltschaft ein Geflecht aus Korruption und Gefälligkeiten rund um Tremontis engsten Berater aufgedeckt hatte, zog der Finanzminister vergangene Woche umgehend aus der römischen Wohnung aus, die dieser ihm kostenlos zur Verfügung gestellt hatte. Wie lang sich der Minister noch im Amt halten kann, der bis jetzt wegen unterschiedslosen Sparens in allen Ressorts überall gleichermaßen verhasst war, ist offen. Spekulanten sehen mit seinem möglichen Abgang das Ende der Regierung und eine noch größere Krise heraufziehen.

Schäuble vorerst optimistisch

In Brüssel kämpften die Euro-Finanzminister unterdessen dagegen an, dass die Schuldenkrise zu einem Strudel wird. Vor der Tagung sagte Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble, er sehe überhaupt nicht, dass Italien der nächste Problemfall werde. Österreichs Ressortchefin Maria Fekter konzedierte, dass die Krise "noch nicht ausgestanden" sei.

Um die nervösen Finanzmärkte zu beruhigen, arbeiteten die Minister eine Erklärung aus, in der Griechenland rasch ein neues Hilfspaket von bis 120 Milliarden Euro zugesagt wird, berichteten Diplomaten. Allerdings sind Kernfragen des Notplans wie die Einbeziehung von Banken und Versicherung zwischen den Ländern nach wie vor umstritten.