Heute Abend stellt sich Griechenlands Premier Giorgos Papandreou mit dem neuen Kabinett im Parlament der Vertrauensabstimmung. Es könnte ein Schicksalsvotum werden - nicht nur für den Regierungschef, sondern für das Land. Angesichts wachsender Kritik auch der eigenen Partei an seinem Sparkurs hatte Papandreou seine Regierung umgebildet und den unpopulären Finanzminister Giorgos Papakonstantinou abgelöst. Die Vertrauensabstimmung findet traditionell um Mitternacht statt.

Die "Bewegung der empörten Bürger", die seit mehr als drei Wochen allabendlich auf dem Athener Syntagmaplatz vor dem Parlament gegen die Sparpolitik demonstriert, hat für heute Abend zu einer Großkundgebung aufgerufen. Nachdem bereits in der vergangenen Woche Tausende Demonstranten versuchten, die Zufahrten zum Parlament zu blockieren und sich vermummte Chaoten erbitterte Straßenschlachten mit der Polizei lieferten, befürchtet man neue Ausschreitungen.

Papandreous Panhellenische Sozialistische Bewegung (Pasok) verfügt über 155 der 300 Parlamentssitze. Für ein Vertrauensvotum braucht der Premier mindestens 151 Stimmen. Scheitert Papandreou bei der Vertrauensfrage, wären Neuwahlen die wahrscheinliche Folge - es sei denn, die beiden großen Parteien, Sozialisten und Konservative, raufen sich doch noch zu einer Koalition zusammen. Verhandlungen darüber waren allerdings vergangene Woche geplatzt, bevor sie richtig begonnen hatten. Beobachter erwarten, dass es Kritiker in der Regierungspartei zu diesem heiklen Zeitpunkt nicht auf einen Sturz ankommen lassen. Denn dann könnte das Land ins Chaos abdriften.

Sparpaket mit Sprengkraft

Kritischer als das Vertrauensvotum könnte eine andere Abstimmung werden: Ende Juni soll das Parlament über das Spar- und Privatisierungsprogramm für die Jahre 2011 bis 2015 abstimmen. Von dessen Verabschiedung macht die EU die Auszahlung der nächsten Kreditrate abhängig. Das Programm sieht ein Konsolidierungsvolumen von 28 Milliarden Euro vor. Erbracht werden soll es durch weitere Steuererhöhungen und Einsparungen. Der neue Finanzminister Evangelos Venizelos hat zwar angekündigt, er werde den Maßnahmenkatalog überarbeiten, um Lasten gerechter zu verteilen. Viel Spielraum hat er aber nicht.

Aus Protest gegen das Sparprogramm legten bereits zwei Abgeordnete ihre Mandate nieder. Ein weiterer hat angekündigt, dass er dagegen stimmen wird. Unterstützung von der Opposition kann Papandreou kaum erwarten. Selbst wenn er die Vertrauensabstimmung übersteht, könnte es für ihn also eng werden.

Auch an der Streikfront wird es schwierig für die Regierung. Denn jetzt gehen auch noch die Lichter aus: Mit Dauerstreik protestiert die militante Gewerkschaft des Stromversorgers DEI gegen Pläne der Regierung, ein Aktienpaket des Ex-Staatsmonopolisten zu verkaufen. Infolge des Streiks mussten bereits zehn Kraftwerke vom Netz genommen werden. Dadurch wurden Stromabschaltungen nötig: In weiten Teilen des Landes gab es ab Mittag keine Elektrizität.

Die Bevölkerung wurde aufgerufen, den Stromverbrauch möglichst weit einzuschränken und auch auf Klimaanlagen zu verzichten. DEI ist noch zu 51 Prozent in Staatsbesitz. Im Rahmen ihres Privatisierungsprogramms, das Voraussetzung für neue Hilfskredite der EU ist, will die Regierung 17 Prozent ihrer Anteile verkaufen. Die Gewerkschaft sträubt sich gegen eine weitere Privatisierung. Sie fürchtet einen Verlust der Privilegien. Die meisten Beschäftigten haben einen beamtenähnlichen Status und sind praktisch unkündbar. Die Gehälter liegen teils beim Doppelten dessen, was für vergleichbare Tätigkeiten in der Privatwirtschaft gezahlt wird.

Auch Gewerkschafter kassieren ab: Allein zwischen 1999 und 2010 bekam die Gewerkschaft Zuschüsse des Unternehmens in Höhe von 31,2 Millionen Euro. Mit dem Geld genehmigten sich Funktionäre Auslandsreisen, Übernachtungen in Luxushotels und Besuche in Feinschmeckerrestaurants. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft.