Während Giorgos Papandreou noch über seiner neuen Kabinettsliste brütete, traten zwei Parlamentarier seiner sozialistischen Regierungspartei zurück. Rebellierende Abgeordnete erzwangen eine Sondersitzung der Fraktion. Das zeigt: auch in der eigenen Partei wachsen die Zweifel am rigiden Sparkurs. Noch bevor die neue Ministerriege stand, schien fraglich, ob sich bei der Vertrauensabstimmung, die am Sonntag stattfinden soll, überhaupt eine Mehrheit für den Premier finden wird.

Vielleicht übernimmt Lucas Papademos die Rolle des Retters in höchster Not. Der 64 Jahre alte Ökonom soll neuer Finanzminister werden. Der langjährige Chef der griechischen Zentralbank sammelte bis zum Ausscheiden 2010 als Vizepräsident der Europäischen Zentralbank acht Jahre Erfahrung auf europäischer Ebene.

Als neuer Finanzminister könnte der parteilose Fachmann helfen, die griechische Dauerkrise zu bekämpfen, Verbündete suchen, in Athen ebenso wie bei Gesprächen in Brüssel, Berlin oder Washington.

Die Zeit drängt. Denn die EU-Finanzminister werden am Sonntag erneut über ein zweites Hilfspaket beraten. "Ich bin zuversichtlich, dass die Eurogruppe am kommenden Sonntag in der Lage ist, die Auszahlung der nächsten Kredittranche an Griechenland Anfang Juli zu entscheiden", sagte EU-Währungskommissar Ollie Rehn.

Juncker drängt zur Eile

Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker drängt besonders Berlin zur Eile. "Ich bin nicht der Meinung, dass wir zulassen sollten, dass die Entscheidungen bis in den September hinein verschoben werden", sagte Luxemburgs Regierungschef. Zuvor war aus Verhandlungskreisen zu hören, dass sich die deutsche Regierung angesichts der zahlreichen offenen Fragen zur Beteiligung privater Gläubiger mit der endgültigen Zustimmung zum Hilfspaket bis September Zeit lassen wolle.

In den vergangenen zwölf Monaten sind bereits 53 Milliarden Euro nach Athen geflossen. Wirklich geholfen hat die Hilfe nicht. Auch wenn die EU weitere zwölf Milliarden nachschießt: mit Geld allein ist das Land nicht zu retten. Denn aus der Schuldenkrise ist eine Krise des politischen Systems geworden. Ausgerechnet im Mutterland der Demokratie haben die Menschen das Vertrauen in Politiker, Parteien und Parlament verloren. Umfragen zeigen: fast neun von zehn Griechen sind sowohl mit der sozialistischen Regierung wie auch mit der konservativen Opposition unzufrieden. Kein Wunder: seit Monaten streiten beide um Wirtschafts- und Finanzpolitik, während das Land tief in die Misere rutscht. Am Mittwoch bot Papandreou Oppositionsführer Antonis Samaras die Bildung einer großen Koalition an. Die Verhandlungen platzten, bevor sie richtig begonnen hatten.