Die Wut über die einschneidenden Sparmaßnahmen, die jeden Einzelnen ins Mark treffen, schreien die Griechen seit Wochen in lautstarken Protestaktionen mit Zehntausenden Teilnehmern in Athen und anderen Städten aus sich heraus. In dieser aufgeheizten Stimmung will Regierungschef Giorgos Papandreou einen Plan umsetzen, der noch mehr Volkszorn aufstacheln könnte - die Griechen sollen zur Volksabstimmung über das Sparpaket. Die gewünschte Richtung: Ja sagen und dann den Mund halten.

Mit einer Mehrheit für das Sparpaket wäre die Regierung aus dem Schneider. Aber dazu wird es kaum kommen. Die Griechen suchen die Schuld für ihr Desaster nicht bei sich, schuld sind die anderen, die Kredite vergeben haben, dafür Zinsen kassierten. "Und warum sollen wir diese illegalen Kredite zurückzahlen?", fragen radikale politische Splittergruppen, die aber mehr und mehr Zulauf erhalten.

Die Maßnahmen von EU und IWF lassen den Gedanken aufkommen, Griechenland ist gerettet - wieder einmal. Aber wie viele Milliarden wird es kosten? Und wie lange reicht das Geld? Zunächst können die Griechen aufatmen: Die EU, die Europäische Zentralbank (EZB) und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben grünes Licht für die Auszahlung der nächsten Kreditrate von zwölf Milliarden Euro gegeben. Die Tranche kommt noch rechtzeitig, um die Mitte Juli drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Doch mit den zwölf Milliarden kommt Athen allenfalls über den Sommer.

Summe reicht nicht

Inzwischen ist klar: Die bisher bereitgestellten 110 Milliarden werden nicht reichen. Die griechischen Schulden haben sich auf 350 Milliarden Euro summiert. Griechenland braucht noch mehr Geld. Wie viel? 65 Milliarden oder 100 oder noch mehr? Darüber wird die EU frühestens am 20. Juni beim Treffen der Finanzminister in Brüssel entscheiden. Während Deutschland darauf besteht, dass Kredit gebende Banken ihren Beitrag leisten, stellen sich andere EU-Länder wie Großbritannien oder die Slowakei gegen eine weitere Hilfe. Sicher ist bisher nur eines: Für neue Hilfen muss Finanzminister Giorgos Papakonstantinou heuer den Haushalt um 6,4 Milliarden Euro entlasten. Dazu beitragen sollen Kürzungen im Einkommen. Neue Steuern und Entlassungen im öffentlichen Dienst sind kein Tabu mehr. Vielen Griechen reicht es, die Schmerzgrenze ist überschritten. Das zeigen die Protestkundgebungen, zu denen sich allabendlich Zehntausende in Athen und anderen Städten versammeln.

Die Griechen sind ein stolzes Volk, sie meinen, ihre Würde werde von der EU mit Füßen getreten. Das zeige sich etwa darin, dass immer wieder gefordert wird, Griechenland solle seinen Staatsbesitz verkaufen.

Das soll, nach einem neuen Modell, über eine Treuhand-Börse erfolgen. Eine Agentur hält ihre Hand auf den Staatsbesitz wie Häfen, Autobahnen, Flughäfen, Fährschiffslinien. Investoren sollten dann darauf ausgegebene Wertpapiere kaufen. 50 Milliarden Euro sollen hereinkommen. Werden die Objekte verkauft, löst der Staat das eingesetzte Kapital plus Zinsen ab. Eine Traumvorstellung. Die griechischen Staatsbetriebe werden wegen zahlreicher "Leichen im Keller" bei internationalen Großanlegern mit vielleicht einmal fünf Milliarden bewertet.