Warum beim Massaker in Srebrenica 7800 Menschen sterben mussten, wird der Prozess gegen Ratko Mladic zu klären haben. Die psychologischen Erklärungen für seine Untaten fallen dürftig aus. Mladics Tochter Ana hatte sich 1994 mit 23 Jahren, kurz vor ihrem medizinischen Staatsexamen, mit der Armeepistole ihres Vaters das Leben genommen. Das habe zur Verrohung des Generals beigetragen habe, heißt es.

Geboren wurde Ratko Mladic am 12. März 1942 in dem Dorf Bozinovici einem feuchten und düsteren Bauernweiler im kargen Südosten Bosniens. Die Familie war arm und streng patriarchalisch; Mladics ältere Schwester ging nur zwei Jahre zur Schule und musste dann Gänse hüten.

Im militärischen Gymnasium in Belgrad war Mladic ein guter Schüler, aber nicht herausragend. Zum Star seiner Klasse wurde er erst später, auf der Führungsakademie für Stabsoffiziere, bei der Lektüre von Clausewitz, , de Gaulle und Eisenhower. Aber so beträchtlich Mladics strategische Kenntnisse auch gewesen sein mögen - nutzen musste er sie als General später kaum.

Dafür hat er schon als junger Offizier - er bekam seine erste Kommandogewalt als 22-Jähriger in Mazedonien - seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, anderen ein schlechtes Gewissen zu machen - vor allem den Salonoffizieren mit den weißen Handschuhen, denen er bei Kontrollbesuchen aufmüpfig und bärbeißig gegenübertrat.

Die Masche funktionierte sogar in Bosnien gegenüber hohen britischen und französischen Uno-Offizieren. Allen trat er anmaßend, vorwurfsvoll, ja, provozierend entgegen, ließ sie warten, demütigte sie. Diese Männer aus dem Westen sollten glauben, dieser Serbe habe gewiss einen Grund, sich zutiefst im Recht zu fühlen. Schnell wurde der scheinbar uneitle Mann mit der groben Sprache der Liebling der Mannschaft, der Anführer, der auf dem Feldbett schläft und mit den Landsern die dünne Suppe teilt.

Mladic war das "Frontschwein", das es den "Etappenhengsten" so richtig zeigt. Aber hinter seiner zur Schau getragener Anspruchslosigkeit verbirgt sich vor allem eines: Eitelkeit.