ROM. Unter dem Eindruck des Atomunglücks von Fukushima macht Italiens Regierung den geplanten Wiedereinstieg in die Kernenergie rückgängig. Das kurz nach der Katastrophe angekündigte einjährige Moratorium für neue Meiler wurde im entsprechenden Gesetzesdekret überraschend durch einen ausdrücklichen Verzicht auf Atompläne ersetzt.

Wirtschaftsminister Paolo Romani warb bei der Vorstellung des Dekrets im Senat für eine maximale Nutzung erneuerbarer Energien. Dabei hatte die Regierung auf sein Betreiben hin vor Kurzem die Subventionen für Sonnenenergie drastisch gekürzt. "Die Forschung für Atomenergie wird weitergehen", kommentierte Umweltministerin Stefania Prestigiacomo den geplanten Ausstieg aus dem Wiedereinstieg.

Umfragen hatten wegen der wachsenden Angst vor Atomkatastrophen bis zu sechzig Prozent Beteiligung an der für Juni geplanten Volksbefragung über Kernenergie vorhergesagt. Dabei sollte zugleich zu anderen Themen, vor allem zu einem Gesetz zum Schutz von Premier Silvio Berlusconi vor Gerichtsverhandlungen, befragt werden.

Unter normalen Umständen wäre das Ergebnis wegen mangelnder Wahlbeteiligung wohl ungültig gewesen. Unter dem Eindruck von Japan rechneten sich die Initiatoren der Referenden jedoch gute Erfolgschancen aus. Nach Auffassung der Regierung kann nun auf die Volksbefragung verzichtet werden.

Aus Sicht der Opposition wollte die Regierung mit dem Ausstieg vor allem das Referendum über das Gesetz zu Berlusconis Prozessen kippen. Dieses hätte sich vor dem Hintergrund wichtiger Wahlen im Mai etwa in Mailand zur Volksbefragung über Berlusconi entwickelt.

Unabhängig davon ließ die Regierung eine Hintertür zum erneuten Wiedereinstieg offen. Entscheidungen über die Zukunft der Energiepolitik müssten im EU-Rahmen gefasst werden, heißt es im Dekret. Die Oppositionspartei des Mailänder Ex-Staatsanwalts Antonio Di Pietro hält das Dekret daher für ungenügend. Er fordert ein Gesetz, das einen Ausstieg "für immer" festschreibt. Dabei hatte Berlusconi die Wahlen 2008 mit dem Versprechen gewonnen, den 1987 beschlossenen Atomausstieg rückgängig zu machen.