Beim Prozess gegen Italiens Premier Silvio Berlusconi wegen Förderung von Prostitution mit Minderjährigen und Amtsmissbrauchs müssen TV-Kameras vor der Tür bleiben. Ebenso wie der Angeklagte wird auch die junge Ruby, deren Liebesdienste er vor ihrem 18. Geburtstag in Anspruch genommen haben soll, zum Auftakt am Mittwoch nicht im Verhandlungssaal erscheinen.

Wie kaum eine andere Person stand die unter dem bürgerlichen Namen Karima el-Mahrough bekannte Marokkanerin zuletzt im Blitzlichtgewitter. Noch nie wurden so viele Medienvertreter bei einem italienischen Gerichtsverfahren erwartet wie beim Prozess um "Sexy-Gate", wie italienische Medien das Verfahren nennen.

Kurz vor dem Prozessauftakt fügte die Staatsanwaltschaft der Liste der 33 jungen Frauen, die an Sex-Partys in Berlusconis Villa teilgenommen haben sollen, zehn weitere Namen hinzu. Die bekanntesten Zeugen der Staatsanwaltschaft, der Schauspieler George Clooney und seine italienische Partnerin Elisabetta Canalis, lassen noch offen, ob sie vor Gericht aussagen werden.

Clooney erinnert sich nicht

Das Hollywood-Paar mit Villa am Comer See kann sich nicht erinnern, je zu Gast bei Berlusconi gewesen zu sein. Clooney will den Premier nur einmal persönlich getroffen haben, um ihn in dessen Amtsräumen in Rom um Spenden für Darfur zu bitten. Ruby sagte dagegen aus, unter den Gästen sei auch das Schauspielerpaar gewesen.

Da Ruby den Ermittlern von bezahltem Sex mit Cristiano Ronaldo berichtete, soll auch das Kicker-Ass von Real Madrid vor Gericht erscheinen. Berlusconi warb 2010 vergeblich für seinen AC Mailand um den Stürmer. Als Zeuge der Verteidigung soll hingegen der neapolitanische Sänger Mariano Apicella aussagen. Als Nebenkläger will auch der Frauenverband "Arcidonna" zum Prozess gegen den Premier zugelassen werden.

Bereits heute wird das Parlament über einen Antrag der Regierungsmehrheit entscheiden, nachdem das Mailänder Strafgericht im Fall Ruby nicht zuständig ist. Wenn Berlusconi die Vergehen in Ausübung seines Amtes als Regierungschef begangen haben sollte, müsste sich ein für Minister zuständiges eigenes Gericht mit den Vorwürfen befassen. Der Staatsanwaltschaft zufolge missbrauchte Berlusconi zwar seine Position, als er die Polizei drängte, Ruby freizulassen. Den nächtlichen Anruf zugunsten seines Partygasts habe er nicht in Ausführung seines Amts, sondern als Privatperson getätigt. Berlusconi hatte dem Polizeichef erklärt, Ruby sei eine Nichte des ägyptischen Ex-Präsidenten Husni Mubarak.

Im Unterschied zu bisherigen Prozessen will Berlusconi sich den neuen Vorwürfen an möglichst vielen Verhandlungstagen persönlich stellen. Vor einer Woche nutzte er die Wiederaufnahme des Mediatrade-Verfahrens für heftige Attacken gegen die Justiz. Aus Berlusconis Sicht bemüht sich die Staatsanwaltschaft seit Jahren, ihm mit juristischen Mitteln die politische Macht zu nehmen. Wenn der Vorwurf nicht bewiesen wird, dürfte er aus dem Verfahren gestärkt hervorgehen. Denn wenn es den nötigen Beweis in Form von Fotos oder Videos gäbe, wäre er bereits in den Medien durchgesickert.