Nachdem Ausschnitte aus abgehörten Telefongesprächen von Partygästen des italienischen Ministerpräsidenten in Medien kursierten, hat die Mailänder Staatsanwaltschaft ein Schnellverfahren gegen Silvio Berlusconi beantragt. Die Ermittler werfen ihm Begünstigung der Prostitution mit Minderjährigen und Amtsmissbrauch vor. Sie verfügen nach eigenen Angaben über eindeutige Beweise, die einen Prozess ohne das übliche Vorverfahren rechtfertigen.

Der wegen der anhaltenden Sexskandale und dem Bruch mit Koalitionspartner Gianfranco Fini angeschlagene Regierungschef bezeichnete das Vorgehen der Staatsanwälte als "ekelhaft". Es sei eine Schande, dass der italienische Staat ungestraft in den Schmutz gezogen werde. Die Vorwürfe wies Berlusconi als "völlig unbegründet" zurück. Er sei ein "reicher Herr, der sein Leben damit verbringen kann, Kinderkrankenhäuser zu bauen". Seine Tätigkeit als Premier bezeichnete er als Opfer für sein Land. Seit dem Angriff auf ihn mit einer Miniatur des Mailänder Doms fehle ihm noch immer ein Zahn, den er aufgrund einer Entzündung nicht habe ersetzen lassen können. Als Privatmann wäre er nicht solchen Gefahren ausgesetzt, betonte Berlusconi.

In dem neuen Verfahren wegen bezahltem Sex mit der minderjährigen Prostituierten "Ruby" und Amtsmissbrauch hat der zuständige Richter fünf Tage Zeit für eine Entscheidung über den Antrag auf einen Schnellprozess. Berlusconi bestreitet die Zuständigkeit der Mailänder Staatsanwaltschaft. Für Vergehen, die Minister und Ministerpräsidenten im Amt begehen, ist in Italien ein eigenes Gericht zuständig. Nach Ansicht der Ermittler wurden die mutmaßlichen Vergehen jedoch nicht im Rahmen der Amtsausführung begangen.