Vier Tote - drei Demonstranten und ein Soldat, lautet die Bilanz. Nach dem "Tag des Zornes" trauten sich auch am Mittwoch wieder Hunderte auf die Straßen Kairos und anderer Städte. Die USA, Deutschland und die Europäische Union riefen die ägyptische Führung zur Mäßigung auf. Der ins Exil nach Saudi-Arabien geflüchtete Ex-Präsident Tunesiens, Zine el Abidine Ben Ali, ist nun bei Interpol aktenkundig und wird per Haftbefehl gesucht.

Der ägyptische Ministerpräsident Ahmed Nasif stellte am Mittwoch Meinungsfreiheit in Aussicht . "Die Regierung hat die Absicht, die Freiheit der Meinungsäußerung mit legitimen Mitteln zu garantieren", sagte Nasif nach einer Meldung der amtlichen Nachrichtenagentur Mena am Mittwoch. Allerdings sind bei den größten Protesten seit Jahren landesweit 860 Demonstranten festgenommen worden. Das verlautete am Mittwoch aus offiziellen Quellen.

Hartes Vorgehen

Mit aller Härte versucht Ägyptens Führung, die aufkeimenden Proteste zu beenden. Drei Todesopfer waren in der Hafenstadt Suez zu beklagen, in Kairo kam ein Soldat ums Leben. Hunderte Menschen wurden verletzt. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und feuerte mit Tränengas und Gummigeschoßen. "Es wird niemandem erlaubt werden, Aufruhr zu schüren, Protestversammlungen abzuhalten oder Demonstrationen zu organisieren", sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Doch unbeeindruckt vom brutalen Durchgreifen der Sicherheitskräfte versammelten sich in Kairo sowie in den Provinzen Manufija, Nord-Sinai und Assiut wieder Hunderte von Oppositionellen, um gegen die Regierung des 81-jährigen Mubarak zu demonstrieren. Wieder schlugen die Sicherheitskräfte zu.

Auf Appelle der westlichen Partner reagierte die Führung um den seit 1981 regierenden Mubarak zunächst nicht. Stattdessen blockierten die Behörden den Zugang zum Kurzmitteilungsdienst Twitte. Das ägyptische Blog Bakya Masr berichtete, auch Facebook-Seiten seien nicht mehr zugänglich.

Die USA forderten die Regierung in Kairo auf, friedlich auf die Proteste zu reagieren. Das Weiße Haus erklärte, die Regierung müsse politische, wirtschaftliche und soziale Reformen fortsetzen. Die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sagte in Brüssel: "Wir haben tausende ägyptische Bürger gesehen, die sich in den Straßen Kairos versammelt haben, um politischen Wandel zu fordern. Wir sehen dies als ein Signal der Sehnsüchte vieler Ägypter nach den Ereignissen in Tunesien."

30 Jahre Ausnahmezustand

In Ägypten gilt seit 1981 nach dem Attentat auf Mubaraks Vorgänger Anwar al-Sadat der Ausnahmezustand. Großdemonstrationen werden von der Polizei normalerweise rasch beendet. Amnesty International beklagt Menschenrechtsverletzungen wie Folter und Haft ohne Anklage und Verfahren.

Tunesien sucht unterdessen nach dem Sturz des Präsidenten Ben Ali weiter nach einer stabilen Regierung. Das Übergangskabinett schaltete in Sachen Ben Ali Interpol ein, wie der tunesische Justizminister Lazhar Karoui Chebbi in Tunis sagte. Gegen Ben Ali, seine Frau Leila Trabelsi und mehrere Clan-Mitglieder besteht der Verdacht der Bereicherung und illegaler Devisengeschäfte. Das Land wartete weiter auf eine Umbildung der Regierung. Demonstranten fordern seit Tagen den Rücktritt der Minister, die schon unter Ben Ali im Amt waren.

Seit Tagen belagert eine Menschenmenge rund um die Uhr den provisorischen Sitz der Übergangsregierung im Rathaus der Hauptstadt. Am Mittwoch setzte die Polizei erneut Tränengas ein, um Demonstranten am Durchbrechen einer Absperrung zu hindern. Seit dem Sturz von Ben Ali sind auch etwa 11.000 Häftlinge aus mehreren Gefängnissen des Landes entkommen.

Die Übergangsregierung will in einer Kabinettsumbildung offenbar Schlüsselressorts neu besetzen. Die Minister für Inneres, Verteidigung und Auswärtiges würden ersetzt, hieß es am Mittwoch in politischen Kreisen. Der Schritt soll die Protestbewegung besänftigen. Die Demonstranten fordern allerdings den Rücktritt aller Minister, die bereits für den gestürzten Präsidenten Ben Ali gearbeitet haben.

Der seit 23 Jahren regierende Präsident war am 14. Jänner nach tagelangen Protesten ins saudi-arabische Exil geflohen. Die Schweiz fror seine Konten ein. Die EU hat dies ebenfalls vor. Frankreich leitet ein Ermittlungsverfahren ein.